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«Sich beim Tanzen gehen zu lassen, befreit»

Yvonne Lampert hat ihren Traum der Selbstständigkeit verwirklicht und in Triesen die erste Praxis für Tanz- und Bewegungstherapie in der Region eröffnet. Das sogenannte Freie Tanzen half der gelernten Kauffrau über schwierige Zeiten hinweg.

Yvonne Lampert tanzt ohne Hemmungen zu ihrem aktuellen Lieblingslied durch ihre neue Praxis im Industriegebiet in Triesen. Sie streckt ihre Arme aus, fischt sich eines der bunten Tücher auf dem Boden, kauert sich dann auf die Matte und bäumt sich im nächsten Moment wieder auf. Bei diesem Tanz gibt es weder vorgeschriebene Schritte noch eine Choregrafie oder eine bestimmte Musikrichtung. «Es benötigt viel Überwindung, sich beim Tanzen gehen zu lassen, aber es befreit ? von Alltagssorgen, Blockaden und psychischen Erkrankungen», spricht die 42-jährige Triesenbergerin aus Erfahrung. Vor sechs Jahren, nach ihrer Scheidung, wurde ihr bewusst, dass sie in naher Zukunft eine neue Arbeitsstelle benötigen würde: Nicht nur, weil sie zuvor im Geschäft ihres Ehemannes gearbeitet hatte, sondern auch, weil sie in ihrem Leben einen Schnitt machen wollte: «Ich musste nach der Trennung wieder zu neuen Kräften kommen, um meinen beiden Kindern eine gute Mutter zu sein.»

Neue Tanzeinlage im Leben

Die gelernte Kauffrau informierte sich auf dem Amt für Berufsbildung über ihre Möglichkeiten und erhielt Unterlagen vom Integrativen Ausbildungszentrum IAC in Zürich, wo unter anderem Tanz- und Bewegungstherapie unterrichtet wird. Yvonne Lampert besuchte aus Interesse das erste Modul, das vor allem aus Selbstreflektion und -therapie bestand, und war auf Anhieb begeistert: «Das Modul half mir dabei, die Scheidung zu verarbeiten und neue Energie zu schöpfen.» Überzeugt von der Methode, meldete sie sich für die dreijährige Grundausbildung an, die ebenfalls Mal- und Musiktherapie umfasste.

Praktikum in Klinik

2012 schloss sie das zweijährige Aufbaustudium der prozessorientierten Tanz- und Bewegungstherapie erfolgreich ab und absolvierte ein sechsmonatiges Praktikum in der Clienia Privatklinik Littenheid in Wil. Dort therapierte sie mit professioneller Unterstützung Klienten mit den unterschiedlichsten Krankheitsbildern wie zum Beispiel Magersucht, Zwangsstörungen und Burnout. Anfang dieses Jahres trat sie ihre erste Arbeitsstelle als ausgebildete Tanz- und Bewegungstherapeutin in der Klinik Beverin der Psychiatrischen Dienste Graubünden PDGR an. Yvonne Lampert lächelt: «Der Job fiel mir einfach in den Schoss. In der Klinik wurde eine Vertretung für die Kunsttherapeutin gesucht ? und ein Bekannter empfahl mich.»

Mit der Trachtengruppe aufgewachsen

Yvonne Lampert hatte vor ihrer beruflichen Umorientierung die Wahl: Neben der Tanz- und Bewegungstherapie kam für sie unter anderem auch ein Pflegeberuf infrage. Sie entschloss sich schliesslich für Ersteres, weil sie seit ihrer Kindheit gerne tanzte, malte und musizierte. Aufgewachsen in Triesenberg, war sie von klein auf in der Trachtengruppe. Bis ins Teenager- alter war sie Mitglied im Verein und engagierte sich auch im Vorstand. Als sich ihre Interessen in der Pubertät änderten, trat sie aus und besuchte stattdessen verschiedene Tanzkurse. Sich zur Musik zu bewegen, machte ihr grossen Spass. Die Schritte und Figuren waren ihr jedoch damals schon zu strukturiert. «Die definierten Tanzrichtungen reichten nicht aus, um mich auszudrücken», erklärt die Triesenbergerin. So entdeckte sie das Malen und Musizieren für sich und konnte so ihrer Kreativität freien Lauf lassen und sich entspannen.

Mutter, Haus- und Kauffrau

Aufgrund ihrer Kreativität wollte Yvonne Lampert im Alter von 16 Jahren Goldschmiedin werden. Da in ihrer Jugend diese Arbeit noch den Männern vorbehalten war, absolvierte sie eine Bürolehre bei der Hilti AG in Schaan. «Ich empfand das als gute Grundlage», erinnert sie sich. An ihrer folgenden Arbeitsstelle im Treuhandwesen stiess sie mit ihrem Wissen aber schnell an ihre Grenzen und bildete sich nebenberuflich zur Kauffrau weiter. Das kam ihr dann zugute, als sie ihrem damaligen Mann im Treuhandbüro zur Seite stand. Als sich die Kauffrau nach ihrer Scheidung beruflich neu orienierte, spielte sie mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen. «Es ist jedoch eine Schwäche von mir, Ideen lange mit mir herumzuschleppen, bis ich sie dann in die Realität umsetze ? wenn überhaupt», gesteht Yvonne Lampert.

Eigene Praxis eröffnet

Erst jetzt ? fünf Jahre später ? nimmt die 42-Jährige all ihren Mut zusammen und eröffnet ihre eigene Praxis für Tanz- und Bewegungstherapie an der Industriestrasse 32 in Triesen. Sie ist sich bewusst, dass sie damit auch ein Risiko eingeht, aber sie möchte später nicht bereuen, dass sie nicht versucht hat, ihren Traum zu verwirklichen. Ihre Ziele sind dabei klar definiert: «Ich möchte den Menschen in der Region die Tanz- und Bewegungstherapie näherbringen, damit sie sich wie ich wieder wohlfühlen», sagt sie und fügt hinzu, dass sie sich vorgenommen habe, die Praxis zwei Jahre lang zu führen und dann Bilanz zu ziehen. «Rentiert die Praxis, mache ich weiter. Ansonsten muss ich mir etwas Neues überlegen.» Als zweifache Mutter kann sie sich keinen finanziellen Verlust erlauben. Daher arbeitet sie weiterhin 20 Prozent in der PDGR Klinik Beverin und betreut Einzelklienten, aktuell im Altersheim in Schaan.

Workshops starten in Kürze

In ihrem hell und freundlich eingerichteten Praxisraum bietet Yvonne Lampert Therapie für erkrankte und gesunde Menschen an. Bei Menschen mit Erkrankungen oder in Lebenskrisen geht es darum, ihnen wieder Halt zu geben und einen neuen Sinn im Leben zu finden. Gesunden Menschen bietet die Tanz- und Bewegungstherapie die Möglichkeit, allfällige Blockaden im Leben zu lösen. Dabei arbeit sie mit verschiedenen Hilfsmitteln wie Tücher und Reifen. Musik setzt sie gezielt ein, und wenn die Bewegungstherapie stockt, auch gelegentlich Elemente aus der Maltherapie. «Interessierte können sich auf meiner Homepage www.yvonne-lampert.li  über die Therapie und die Workshops, die in Kürze starten, erkundigen», erzählt die Triesenbergerin stolz.

Bereits nächstes Ziel gesetzt

Das freie Tanzen und die Bewegung in freier Natur helfen Yvonne Lampert heute, ihr Leben im Gleichgewicht zu halten. Ausserdem liebt sie es, mit ihren Kindern zu spielen oder zu schwimmen. «Seit ich die Tanz- und Bewegungstherapie für mich entdeckt habe, lebe ich viel bewusster ? mit all meinen Sinnen», lächelt die 42-Jährige. Zurzeit arbeitet sie daran, ins ErfahrungsMedizinische Register EMR aufgenommen zu werden, damit ihre Tanz- und Bewegungstherapie krankenkassen­anerkannt wird. Und sie verrät: «In naher Zukunft würde ich in meiner Praxis auch gerne Menschen mit einer Behinderung therapieren.»

Steckbrief
Name: Yvonne Lampert
Wohnort: Triesenberg
Alter: 42
Beruf: Tanz- und Bewegungstherapeutin
Hobbys: Familie, Bewegung in der Natur, Jassen und Malen
Projekte: Praxis für Tanz- und Bewegungstherapie in Triesen
Leibspeise: Bananenschnitzel mit Salzkartoffeln
Getränk: Wasser und ab und zu ein Glas Rotwein
Musik: Alles ? von Schlager über afrikanische Musik bis hin zu Chart-Hits
Lektüre: Fachliteratur zu verschiedenen interessanten Themen
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Frühling und Herbst
Ort: Triesenberg
Stärke: Lebensfreude und Humor
Schwäche: «Es dauert meistens eine Weile, bis ich mich getraue, eine meiner Ideen in die Realität umzusetzen.»
Wunsch: Den Menschen in der Region die Tanz- und Bewegungstherapie näherzubringen.
Kontakt: info@yvonne-lampert.li, www. yvonne-lampert.li

 

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