Reaktivierung von «Flay»: Verein für LGBTI
Das Inkrafttreten des Partnerschaftsgesetzes war ein wesentlicher Schritt in Richtung Gleichstellung von Homosexuellen in Liechtenstein. Grossen Anteil daran hatte «Flay». Der Verein löste sich nach der Abstimmung auf und organisiert sich am 2. Mai neu.
Herr Oehri, der Verein Flay dürfte den Liechtensteinern noch ein Begriff sein und ist eng mit der Einführung des Partnerschafts- gesetzes verbunden. Warum löste er sich nach der Abstimmung 2011 auf?
Lukas Oehri: Ich stehe in Kontakt mit Daniel Seger, dem ehemaligen Präsidenten von Flay. Er wird auch beim neuen Verein wieder dabei sein. Nach dem Erfolg 2011 hatte sich Flay zur Auflösung entschlossen. So gross die Freude über die Einführung des Partnerschaftsgesetzes war, so kräftezehrend und teilweise auch nervenaufreibend war die Arbeit in dieser Zeit.
Nun steht die Neugründung unmittelbar bevor. Was sind die Gründe, Flay zu reaktivieren?
Die Einführung der eingetragenen Partnerschaft war eigentlich nur die erste Hürde in Richtung Gleichstellung. Ein richtiger, wichtiger und für das Land auch riesiger Schritt. Es gibt aber durchaus noch viel zu tun. Hintergrund für die Neuauflage war zudem auch die kurz bevorstehende Gründung des Vereins für Menschenrechtsfragen. Wir wären dort gerne vertreten. Als Verein ist es deutlich einfacher, zu agieren. Wir wollen uns zukünftig auch in politische Diskussionen einbringen und die Integration und Gleichstellung von LGBTI (siehe Infokasten) vorantreiben.
Welches Thema, bei dem Sie sich gerne einbringen würden, ist zur Zeit aktuell?
Derzeit wäre das zum Beispiel bei der Revision des Namensrechts und die diesbezügliche (Nicht-)Berücksichtigung von eingetragenen Paaren der Fall. Natürlich wäre auch eine völlige Gleichstellung mit der Ehe wünschenswert ? also auch die Möglichkeit, eine Familie mit Kindern gründen zu können. Das ist in der derzeitigen Form der eingetragenen Partnerschaft nicht möglich. Eine völlige Gleichstellung ist aber noch Zukunftsmusik und steht erst mal nicht auf unserer Agenda.
Die Liechtensteiner Bevölkerung hatte sich mit überwältigender Mehrheit (68,8 Prozent) für das Partnerschaftsgesetz ausgesprochen. Wie aufgeschlossen ist das Land?
Meiner Ansicht nach ist das Land noch sehr konservativ. Es existieren immer noch viele Vorurteile, und die wollen wir abbauen. Auch damit man sich selbst im Land wohler fühlt. Wir von Flay wollen der Bevölkerung eventuelle Berührungsängste nehmen und zeigen, dass LGBTI Menschen wie alle anderen sind.
Existiert im Land eine Anlaufstelle für LGBTI?
Nein, und das ist sicher einer der Hauptgründe für die Neugründung. Ich finde, es ist wichtig, eine Anlaufstelle im Land zu haben. Wir organisieren Treffen sowie Freizeit- und kulturelle Anlässe und bieten die Gelegenheit, sich in einem «geschützten Rahmen» kennenzulernen und auszutauschen. Viele Liechtensteiner trauen sich nicht, ihre sexuelle Orientierung offen zu leben, sofern diese nicht der Norm entspricht. Sie haben Angst vor negativen Reaktionen, und das macht es schwierig, Gleichgesinnte kennenzulernen.
Da Sie gerade den geschützten Rahmen angesprochen haben: Durchaus nachvollziehbar, aller-dings auch ein zweischneidiges Schwert ? einerseits wehrt man sich gegen Ausgrenzung, andererseits grenzt man selbst aus.
Ja, diese Gefahr besteht natürlich. Wir sind jedoch ausdrücklich ein Verein für LGBTI und deren Freunde, also natürlich auch Heterosexuelle. Bei uns ist jeder willkommen, wir sind offen für alle. Dass das ankommt, zeigt sich auch anhand der bisherigen Rückmeldungen. Von Jung bis Alt, homo-, bi-, trans-, inter- und heterosexuell ist bei uns alles vertreten. Wir freuen uns über jeden Unterstützer, der sich für die Gleichheit aller Menschen einsetzt ? egal welchen Geschlechts und Alters, welcher Nationalität, Religion oder sexuellen Orientierung.
Wo kann man sich über den Verein und seine Aktivitäten informieren?
Wir haben eine Facebookgruppe und derzeit ist unsere Homepage im Aufbau (siehe Infokasten).
Waren Sie Mitglied des ehemaligen Flay und hat der Verein Ihnen bei Ihrem eigenen Coming-out geholfen?
Nein, beim ehemaligen Flay war ich nicht dabei. Ich war zwar ein paar Mal auf der Homepage, aber der Verein war mir irgendwie nicht präsent genug. Ich habe Unterstützung bei meinen Kollegen gefunden. Mein Coming-out ging jedoch schrittweise vonstatten ? zuerst habe ich es meinen Freunden erzählt, danach meinen Eltern. Das war mit 19, als ich meinen ersten Freund hatte. Das ist also mittlerweile sechs Jahre her. So richtig «draussen», also vor allen, bin ich aber erst seit zwei Jahren.
Hatten Sie mit negativen Erlebnissen zu kämpfen?
Grundsätzlich habe ich überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Allerdings war es in der Schule schwer für mich. Ich habe mich zwar erst danach geoutet, aber man hat mir wohl angemerkt, dass ich vielleicht etwas «anders» bin als der Rest. Das hat gerade im Sportunterricht dazu geführt, dass ich öfter verletzende Sprüche kassiert habe. Ich habe aber auch das Gefühl, dass die jüngere Generation heute offener und toleranter mit der Thematik umgeht.
Mit der Präsidentschaft werden Sie unweigerlich zu einer expo-nierten Persönlichkeit für LGBTI-Fragen. Wie gehen Sie damit um?
Ich musste mir erst mal selbst eingestehen, dass ich schwul bin, dann kam das Coming-out. Heute macht es mir nichts aus, in der Öffentlichkeit aufzutreten und für meine Interessen und Überzeugungen einzustehen. Das ist natürlich eine Grundvoraussetzung für das Amt. Es ist wichtig, dass der Verein ein Gesicht erhält.
Wie setzt sich der Vorstand von Flay zusammen?
Wir werden zu dritt sein. Neben mir sind Amos Kaufmann und Marcel Risch im Vorstand. Wir sind mit 25, 22 und 17 Jahren ein sehr junger Vorstand und profitieren von der Erfahrung, die Daniel Seger als ehemaliger Präsident in all den Jahren im Amt sammeln konnte. Dafür sind wir sehr dankbar. kid)
Persönlich
Lukas Oehri, 25, ist designierter Präsident von Flay, dem Liechtensteiner Verein für LGBTI und deren Freunde. Neben Lukas Oehri besteht der Vorstand aus Amos Kaufmann und Marcel Risch. Die Gründungsveranstaltung findet am Freitag, 2. Mai, um 19 Uhr in der Vanini Bar in Vaduz statt und ist öffentlich.
LGBTI steht für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle/transgender und intersexuelle Menschen.
Weitere Informationen: www.flay.li und www.facebook.com/verein.flay
Schlagwörter
-
Daniel Seger