«Mit 20 hat mich das Afrika-Fieber gepackt»
Monica Büchel arbeitet unter der Woche als Kauffrau in einem Immobilienbüro. Am Wochenende treibt sie gerne Sport. Sie wandert und fährt je nach Wetter Rollerblades, Bike oder Ski. «Ich mache eigentlich vieles, aber nichts extrem», erzählt die schlanke Frau mit den schönen blonden Locken. Wenn sie Zeit und Muse hat – wie sie sagt –, malt sie Bilder. Sie geniesst es, mit Freundinnen auszugehen, einmal in der Woche trommelt sie im Verein unter der Leitung des Senegalesen Moris Sow, und sie liebt den Afro-Tanz. Zurzeit arbeitet sie in ihrer Freizeit aber vor allem für ihre beiden Weihnachtsmarkt-Stände in Buchs vom 2. bis 4. Dezember und in Vaduz am 10. und 11. Dezember. Grosse Unterstützung erhält sie dabei von ihrer Schwester. «Vor sechs Jahren habe ich mit meiner Mutter und meiner Schwester aus reiner Freude begonnen Bilder, Schmuck und Weihnachtsdekorationen herzustellen und zu verkaufen.» Mit einem Teil des Erlöses unterstützte sie ihre gute Freundin Maite in Senegal. Aus dieser netten Geste ist mittlerweile ein privates Hilfsprojekt entstanden, das Monica Büchel dieses Jahr an einem separaten Stand in Vaduz unter dem Motto «Sterne für Afrika» präsentiert.
Das Gefühl von Gelassenheit
Monica Büchels Faszination für Afrika bleibt keinem Besucher verborgen. Ihr grosses Haus an einem ruhigen Ort in Nendeln hat sie liebevoll mit vielen afrikanischen Gegenständen und Accessoires geschmückt. «Mit 20 hat mich das Afrika-Fieber gepackt», erzählt Monica Büchel. Für den schwarzen Kontinent hat sich die gelernte Kauffrau schon immer interessiert – endgültig um sie geschehen ist es aber, als sie ihre Ferien mit 20 zum ersten Mal an der Elfenbeinküste verbrachte. «Mich erfasste damals ein intensives Gefühl, das ich erst viel später, als ich das zweite Mal nach Afrika reiste, deuten konnte.»
Monica Büchel gönnte sich regelmässig eine Auszeit vom Arbeitsalltag einer Kauffrau. «Wenn es mir hier zu eng wurde, packte ich meine Koffer», erzählt sie. Unter anderem arbeitete sie mehr als zwei Jahre in verschiedenen Ländern als Hostesse im Club Med, einem französischen Ferienklubanbieter. Tagsüber hat sie an der Rezeption gearbeitet, am Abend in der Showgruppe getanzt und, als alle Gäste im Bett waren, für die nächste Animation trainiert. «Obwohl ich rund um die Uhr arbeiten musste, war es eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte», schwärmt sie. Auf Wunsch durfte sie eine Saison in Senegal, Westafrika, verbringen. Dort hat sie die Senegalesin Maite kennengelernt, die ebenfalls als Hostesse im Club Med arbeitete. «Die Senegalesen sind ein friedliches und herzliches Volk mit einer warmen Ausstrahlung, die sehr beruhigend auf mich wirkt», erklärt die Kauffrau. Sie habe in Senegal gelernt, gelassener zu werden, sich nicht sofort aufzuregen und einfach einmal abzuwarten. «Diese Hektik, die in Europa herrscht, ist nach dem Besuch in Senegal kaum mehr auszuhalten», sagt sie.
Patenschaften sind gefragt
Zurück in Liechtenstein, ging Monica Büchel wieder ihrem gewohnten Arbeitsalltag nach. Als sie sich ein paar Jahre später wieder einmal bei Maite meldete, erfuhr sie, dass ihre Freundin Hilfe benötigt. Monica Büchel erzählt: «Maite kümmert sich um all ihre Verwandten und arbeitet im Winter nach wie vor im Club Med in der Wäscherei.» Die Bewohner der Stadt Ziguinchor verdienen trotz Arbeit zu wenig Geld für genügend Lebensmittel, medizinische Grundversorgung und Schulausbildung. «Die Menschen sterben an Krankheiten, die man hier – oder besser gesagt mit genügend Geld – problemlos behandeln könnte», erklärt die 45-Jährige aufgebracht.
Monica Büchel begann, Maite regelmässig Geld zu schicken und griff ihr bei einem weiteren Besuch vor Ort unter die Arme. Als sie bei ihrer Rückkehr einer Freundin von ihren Erlebnissen in Afrika erzählte, schlug diese vor, ein Kind finanziell zu versorgen. Seither sind 15 Patenschaften entstanden, die Kindern in Ziguinchor eine gute Schulausbildung, Medizin und Nahrung für die ganze Familie ermöglichen.
Schulprojekt «Koubalan»
Die Kauffrau besuchte ihre Freundin jedes Jahr mindestens einmal für drei Wochen in Senegal, um nach dem Rechten zu sehen. Sie lernte dabei Ousmane kennen, der das Hotel führte, in dem sie während ihres Aufenthalts in Senegal übernachtete. «Ousmane zeigte mir Orte, die ich als Tourist nie gesehen hätte», schwärmt Monica Büchel von ihrem guten Freund. Er brachte ihr die Kultur näher, erklärte ihr die mystischen Rituale und kümmerte sich um die Sicherheit der Liechtensteinerin. «Ousmane hatte einfach auf alle meine Fragen Antworten», fasst Monica Büchel zusammen.
Vor drei Jahren zeigte der Leiter des kleinen Hotels ihr sein Heimatdorf Koubalan. «In der Primarschule fehlte das Schulmaterial und das Essen für die Kinder», erzählt die Kauffrau. Sie hat daraufhin schachtelweise Hefte, Schreibzeug und Bücher für die Schüler besorgt, Kochtöpfe und Grundnahrungsmittel gekauft und dafür gesorgt, dass eine Küche eingerichtet wurde – das Projekt «Primarschule Koubalan» war ins Leben gerufen. Bei ihrem letzten Besuch im April dieses Jahres musste sie feststellen, dass der Wasserbrunnen nicht mehr funktionierte und daher der Garten mit dem Gemüse vertrocknet war. Sofort leitete sie die Reparatur der Pumpe ein. Nun geht es darum, dass jedes Klassenzimmer mit einem Computer und Internetanschluss ausgestattet wird. «Es ist wichtig, dass die Schüler den Anschluss an das moderne Zeitalter finden», erklärt die Kauffrau.
Mützen für Neugeborene
Ebenfalls bei ihrem letzten Aufenthalt in Senegal konnte Monica Büchel mit Maite das Waisenhaus mit Geburtenstation in Cabrousse besuchen. «Wir hatten die Besichtigung schon lange geplant, da Maite mit den dort arbeitenden Nonnen befreundet ist», so die 45-Jährige. Sie erzählt, dass sie den Babys Mützen mitgebracht hat, die ihre Mutter gestrickt hatte. «Diese sind notwendig, da die Babys auf der Geburtenstation oft unterversorgt und so besser vor Krankheiten geschützt sind.»
Die Kinder im Waisenhaus haben zu wenig Kleider, keine Unterwäsche und oft zu wenig zu essen – dies, obwohl die Einrichtung vom Staat unterstützt werden sollte. Monica Büchel erklärt traurig: «Das Staatsgeld reicht nicht für alle und die Prioritäten werden leider anders gesetzt. Sie hat das Waisenhaus und die Geburtenstation daher in ihr Hilfsprojekt «Senegal» aufgenommen. Die Kauffrau hat sich einiges vorgenommen: Demnächst möchte sie ebenfalls Kleinkredite an Frauen in Koubalan vergeben, damit diese Geschäfte errichten und die Wirtschaft ankurbeln können.
Rückschläge verkraften
Im Februar starb Monica Büchels Freund und Helfer Ousmane an Herzversagen. Sie war erschüttert, liess sich dadurch aber nicht von ihrem «Arika-Weg» abbringen, wie sie sagt. Im Gegenteil: «Ich werde das Schulprojekt in Koubalan in seinem Sinne weiterführen.» Sie wird Maite, die ebenfalls gesundheitlich angeschlagen ist, weiterhin regelmässig besuchen. Senegal ist die zweite Heimat der Kauffrau geworden: «Immer wenn ich aus Senegal zurückkomme, geht es ein paar Wochen, bis meine Seele nachreist», gesteht sie. (hl)
Steckbrief
Name: Monica Büchel
Wohnort: Nendeln
Alter: 45
Beruf: Kauffrau in einem Immobilienbüro
Hobbys: Trommeln, Malen, Afro-tanz, Sport, Reisen etc.
Leibspeise: «Ich esse quer durch die Weltküche vieles gern.»
Getränk: Rotwein und Wasser
Musik: Pop, Rock, afrikanische Musik
Sommer/Winter? Sommer
Ort: Nendeln und Senegal
Stärke: Toleranz
Schwäche: Pommes Chips
Motto: «Sich selbst nicht so wichtig nehmen.»
Kontakt: m_buechel@adon.li
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«Liewo-Porträt»