Meine Selbstständigkeit
Die Kinderzimmertür öffnet sich langsam, das Tappen kleiner nackter Füsse ist zu hören: Der zweijährige Sohn von Corinne Nathalie Hofmann taucht im Türrahmen auf. «Es ist acht Uhr, du musst schlafen», flüstert die Mutter liebevoll, nimmt Julian an der Hand und führt ihn zurück in sein Bett. Das Schmatzen eines Gutenachtkusses ist zu hören. Dann setzt sich Corinne Nathalie Hofmann wieder an den Küchentisch. «Alleinerziehend zu sein ist schwierig, aber es bereitet mir sehr grosse Freude, meinen Sohn aufwachsen zu sehen», erzählt die 35-Jährige mit strahlenden Augen. Für sie kommt es nicht infrage, Julian täglich wegzugeben. Sie hat sich daher nach einer längeren Babypause im Frühling als Innendesignerin selbstständig gemacht. Ihr kleines Geschäft «Purpur Living» befindet sich an der Bahnhofstrasse in Buchs. Den Schritt in die Selbstständigkeit hat sie vor allem wegen ihres Sohnes gewagt: «Ich kann mir die Zeit selber einteilen und zum Beispiel zu Hause arbeiten, wenn der Kleine schläft.» Vor einem Monat hat die alleinerziehende Mutter jedoch eine zusätzliche Arbeitsstelle als Küchenplanerin bei Schubiger in Altstätten angenommen. «So sichere ich unsere Lebensgrundlage. Auf meine Selbstständigkeit möchte ich nämlich nicht verzichten», erklärt Hofmann. Bei Schubiger kümmert sie sich sowohl um die Planung und den Verkauf von Küchen für jedes Budget als auch um die Sachbearbeitung. Der Weg zur professionellen Küchenplanerin war lang.
Auf dem Bau angefangen
Corinne Nathalie Hofmann ist vor rund 20 Jahren mit ihrer Mutter aus dem Aargau nach Buchs gezogen. Hier beendete sie die Sekundarschule und absolvierte eine Malerlehre. «Ich war schon immer sehr kreativ und freute mich, Räume verändern zu können», begründet die 35-Jährige ihre damalige Berufswahl. Die Arbeit auf dem Bau war für die zierliche Frau zwar nicht immer einfach, aber sie machte sie stärker. «Auf dem Bau habe ich gelernt, mich durchzusetzen. Das nützt mir heute noch viel», lacht sie.
Nach der Lehre arbeitete Hofmann weitere drei Jahre hauptberuflich als Malerin. Dann musste sie aufgrund einer Sehnenscheidenentzündung das Handgelenk operieren – und sich umorientieren. «Da mich die Arbeit mit Menschen reizte, arbeitete ich eine Weile im Pflegeheim Werdenberg», erzählt sie. Dort sammelte sie wertvolle Erfahrungen, entschied sich schlussendlich aber trotzdem, ihrer kreativen Ader zu folgen.
Weiterbildung in Farbdesign
2002 absolvierte Corinne Nathalie Hofmann eine zweijährige Weiterbildung zur Farbdesignerin an der Textilfachschule in St. Gallen. Nebenbei arbeitete sie wieder temporär als Malerin. Als sich auch das zweite Handgelenk entzündete, musste sie den Job definitiv an den Nagel hängen. Sie schickte Blindbewerbungen an diverse Firmen und hatte schliesslich die Möglichkeit, nach ihrer Ausbildung zur Farbdesignerin in der Kuno Hasler AG Innenausbau und Einbauküchen in Bendern zu arbeiten. Zunächst war sie nur für die Sachbearbeitung zuständig, mit der Zeit eignete sie sich jedoch ein grosses Wissen über Küchen an und begann selbst zu planen. «Heute konstruiere ich Küchen, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Dabei musste ich hohes Lehrgeld bezahlen», lacht Hofmann.
Kunden von der Goldküste
Als Kuno Hasler 2006 in Pension ging, erhielt die damals 29-jährige Küchenplanerin ein Jobangebot von der SM Küchen Design AG Siematic in Zürich. Corinne Nathalie Hofmann kennt den Grund dafür: «Küchenplaner sind rar. Es gibt mehr Küchengeschäfte als Experten.» Sie überlegte nicht zweimal, packte ihre Koffer und zog nach Zürich – ihrem heutigen Lieblingsort. Ihr gefiel es in dem Familienbetrieb sehr gut. Sie konnte ihre Kreativität ausleben und Küchen höchster Qualitäts- und Preisklassen konstruieren. «In Zürich betreute ich vorwiegend Kundschaft von der Goldküste», erzählt Hofmann. Am liebsten begleitete sie den ganzen Prozess vom Anfang bis zum Ende – von der Planung der Küche über den Einbau bis zur Schlusskontrolle. Nebenbei bildete sie sich zur Kommunikationsfachfrau und Interiordesignerin weiter.
«Julian ist das Wichtigste»
Corinne Nathalie Hofmann würde wahrscheinlich noch heute in Zürich wohnen und arbeiten, wenn sie nicht von ihrem damaligen Freund schwanger geworden wäre. «Ich bin 2010 von Zürich nach Buchs zurückgekehrt, um mit dem Vater meines Kindes zusammenzuziehen. Das hat leider nicht funktioniert.» Seither ist Hofmann alleinerziehend und meistert ihre Aufgaben als Mutter, Geschäftsführerin und Angestellte nicht schlecht, wie es scheint. «Julian ist das Wichtigste in meinem Leben. Trotzdem muss ich ihn ab und zu abgeben, damit ich richtig für ihn sorgen kann», so die alleinerziehende Mutter, die in Buchs in einer 31/2-Zimmer-Wohnung wohnt. Wenn sie zur Arbeit nach Altstätten fährt, bringt sie ihren mittlerweile zweieinhalbjährigen Sohn in die Kinderkrippe Schatzkiste. Während sie Sport macht oder einen Auftritt mit ihrer Band «Soundcircus» hat, passt ihre Mutter auf den Kleinen auf. «Auf meine Mutter ist Verlass. Ich bin sehr froh, dass sie in der Nähe wohnt, denn viel mehr Bezugspersonen habe ich in der Region nicht.»
Räume und Möbel designen
Die Kundenaufträge von Purpur Living bearbeitet die alleinerziehende Mutter oft zu Hause. «Da ich jahrelang nur Küchen geplant habe, freut es mich jetzt umso mehr, ganzheitliche Konzepte zu erstellen», erzählt Corinne Nathalie Hofmann mit strahlenden Augen. Endlich kann sie ihr Wissen über Farbe und Innendesign, das sie jahrelang an Weiterbildungen erworben hat, vollumfänglich einsetzen. Die Erfahrungen, die sie als Malerin auf dem Bau gemacht hat, helfen ihr dabei ebenfalls. Wenn es ihre Kunden wünschen, entwirft sie bei einem Um- oder Neubau nicht nur das Konzept für die Innenausstattung, sondern koordiniert auch die Durchführung der Arbeiten mit Malern, Plattenlegern, Schreinern etc. Die Innendesignerin ist ganz in ihrem Element, wenn sie von ihrer Arbeit spricht: «Bei der Planung orientiere ich mich am Geschmack meiner Kunden und dem, was bereits vorhanden ist.» Sie ist aber auch die richtige Ansprechperson, wenn man einzelne Möbelstücke designen lassen möchte.
Bald 10 Jahre in einer Rockband
Den Ausgleich zum Mutterdasein und dem Berufsalltag findet die 35-Jährige beim Singen. Alles begann 2003 auf einer Party. «Meine Freunde haben mich genötigt, dem Geburtstagskind ein Ständchen zu singen», erinnert sie sich. Gesungen habe sie schon immer gerne – «aber bis dahin nur im stillen Kämmerlein». Nach ihrem spontanen Auftritt wurde sie von einem begeisterten Besucher darauf aufmerksam gemacht, dass er eine Band kenne, die noch eine Sängerin sucht. So trat Corinne Nathalie Hofmann mit26 Jahren zum ersten Mal mit einer Rockband auf. «Es ist ein wunderbares Gefühl, auf der Bühne zu stehen und die Menschen zum Tanzen und Applaudieren zu bringen», schwärmt Hofmann. Vor einem Jahr hat sie eine neue Formation mit dem Namen «Soundcircus» gegründet. Während sie dort vorwiegend Rocklieder covert, geniesst sie es, zwischendurch in der Kirche mit ruhigeren Liedern aufzutreten. (hl)
Steckbrief
Name: Corinne Nathalie Hofmann
Wohnort: Buchs
Alter: 35
Beruf: Selbstständige Innen-designerin bei Purpur Living und Küchenplanerin bei Schubiger
Zivilstand: Ledig
Hobbys: mit Sohn Julian (2 1/2) spielen, Musik, Sport
Leibspeise: Vegetarische Küche
Getränk: Tee und ab und zu ein Gläschen Rotwein
Film/Fernsehen: «Desperate Housewives», «Grey’s Anatomy», aber auch «Puls», «Eco» und «Arena»
Musik: Soul und Elektro
Lektüre: Fachliteratur und Bücher von Jane Austen
Stadt/Land? Beides
Sommer/Winter? Sommer
Ort: Zürich
Stärke: «Auf der einen Seite bin ich sehr organisiert …»
Schwäche: «… auf der anderen sehr chaotisch.»
Wunsch: «Dass mein Sohn stolz auf mich ist.»
Kontakt: info@purpurliving.ch und www.purpurliving.ch, corinne.hofmann@schubiger-online.ch, www.schubidu.ch und www.soundcircus.ch
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