«Mein Wissensdurst kennt keine Grenzen»
Nicht jeder, der gut lernt und sich in der Theorie gut auskennt, ist erfolgreich. Das weiss auch Susanna Gopp. Seit vier Jahren ist sie Kommunikationsmanagerin bei Industrie- und Finanzkontor, einem führenden Finanzdienstleistungsunternehmen in Vaduz, und beim European Center of Austrian Economics Foundation (ECAEF). «Es ist ein enorm vielseitiger Job und entspricht meinen Interessen», erklärt Susanna Gopp. Sie ist zuständig für die strategische und operative Kommunikation nach aussen und nach innen. «Mir gefällt die Arbeit, die auf Strategien und Konzepten beruht und in die Praxis umgesetzt werden muss.»
Das Interesse an anderen Ländern und Kulturen vertieft
Die Vaduzerin machte eine für Liechtenstein recht typische Laufbahn durch: Zunächst die Realschule St. Elisabeth, dann eine KV-Lehre. «Nach der Primarschule hätte ich die Chance gehabt, ins Gymnasium zu wechseln. Da meine Mutter allerdings alleinerziehend war, kam das aus finanziellen Gründen nicht infrage», erinnert sich die 36-Jährige. Und wie viele entschied sie sich nach der Pflichtschule für die KV-Lehre:?«Das sieht man heute noch oft. Das KV gibt eine gute Grundlage, auf der man aufbauen kann, wenn man auch weiter die Bildungslaufbahn beschreiten will.» Dabei war ihr bewusst, dass es, was Bildung angeht, viele Möglichkeiten gibt, auch wenn sie das Gymnasium nicht besuchen konnte. «Ein Grundprinzip, das ich gelernt und nie mehr vergessen habe:?Wenn man etwas erreichen will, dann muss man auch etwas dafür tun.»
Dass sie sich weiterbilden will, wusste sie schon früh. Es ist bis heute eine ihrer Eigenschaften, hinter die Dinge zu blicken. Nach ihrer Lehre wollte sie die Welt sehen. Sie reiste nach Italien und in die USA. «Zwar ging es dabei um Sprachaufenthalte, aber hier spielten natürlich andere Aspekte wie Ausgang und Kulturerkundung auch eine grosse Rolle. Vor allem New York hat es ihr angetan – sie nennt den «Big Apple» ihre absolute Lieblingsstadt. Dort lernte sie die Gegensätze der «Westlichen Welt» kennen, die von Armut bis hin zu absolutem Reichtum reichen. Sie entschloss sich, in den USA?ein halbes Jahr zu verbringen, um ihre Reiselust und ihren Wissensdurst – zumindest vorerst – zu befriedigen.
Auf dem zweiten Bildungsweg
Als sie 25 Jahre jung war, entschloss sie sich, die Berufsmatura an der BMS Liechtenstein zu absolvieren, um danach ein Studium zu absolvieren. An der FH?Dornbirn studierte sie vier Jahre lang internationale Unternehmensführung und erreichte das Magisterdiplom. «Es war für mich besonderes interessant, Aspekte der Wirtschaft kennenzulernen, mit denen ich bis dahin nichts zu tun hatte, die aber trotzdem sehr wichtig sind, wie z. B. Logistik.» Hier war für ihre Weiterbildung aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, obwohl sie sich schwor, «danach lange nicht mehr die Schulbank zu drücken.»
Auch hier belohnte sie ihren Abschluss mit einer Reise: Es ging nach Australien, um auch diesen Teil der Erde kennenzulernen. Mit ihrer Freundin und späteren Trauzeugin genoss sie eine einmonatige Rundreise. Der Wissensdurst begleitet Susanna Gopp nach wie vor. Vor zwei Jahren entschied sie daher, den MAS in Communication Management in Angriff zu nehmen. «Am Mittwoch habe ich die Master-Thesis abgeschickt und kommende Woche habe ich meine Abschlussprüfungen», freut sich Gopp.
Den Jungen ein Schaufenster bieten
Beim Think-Tank ECAEF betreut Susanna Gopp derzeit wieder die Verleihung des Vernon-Smith-Prize. Aktuell ist es die 4. Auflage des Studenten-Wettbewerbs. «Heuer motivieren wir junge Studierende, sich mit Fragen zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie auseinanderzusetzen. Der Wettbewerb läuft noch bis zum 30. November. Ziel ist es, dass sich die jungen Akademiker, welche die führenden Köpfe der Zukunft sein können, durch einen wissenschaftlichen Aufsatz mit einem Thema auseinandersetzen», erklärt Gopp. Das sei eine besonders gute Möglichkeit für die Studenten, um sich zu einem aktuellen Thema wissenschaftlich zu äussern und ihre Gedanken zu publizieren. «Wir wollen so die jungen Leute motivieren, sich aktiv mit volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themenstellungen unserer Zeit auseinanderzusetzen.» Ausserdem winkt den Autoren ein attraktives Preisgeld sowie eine öffentliche Präsentation ihrer Arbeit.
Der Ausgleich ist wichtig
Wer nun glaubt, dass Susanna Gopp sich ständig nur hinter Büchern versteckt, liegt falsch. Denn sie sucht auch einen guten Ausgleich zu ihren kopflastigen Anstrengungen. Dabei half ihr unter anderem ihr Mann Rainer. Dank ihm ist sie jetzt auch eine passionierte Radfahrerin. «Kurz nachdem ich mit Rainer zusammenkam, schaute er mein veraltetes Fahrrad an und sagte ‹Das kas jetzt aber ned si!› So kauften wir ein neues Bike und ich lernte, welchen Einfluss das Gewicht eines Fahrrads auf das Aufwärtsfahren hat», lacht die Hobby-Bikerin. Besonders gut ist ihr noch die erste richtige Radtour in Erinnerung. «Wir fuhren damals von Thusis aus auf den San Bernardino. Als ungeübte Fahrerin ist es ein tolles Gefühl, auf dem Berg zu sein und sich selbst zu sagen:?Ich habs wirklich hier hinauf geschafft!»
Neben dem Fahrradfahren gilt ihre Leidenschaft dem Langlauf. So absolvierte sie schon zweimal den legendären Engadiner Ski-Marathon. «Ich habe auch meine Ferien nächstes Jahr schon so geplant, dass ich eventuell am ‹Engadiner› teilnehmen könnte», freut sich die Vaduzerin auf ihre dritte Teilnahme. Wenn der fürs Langlaufen nötige Schnee gerade nicht vorhanden ist, betreibt sie mit ihren Freundinnen «Trockentraining» beim Nordic Walking. «Manchmal ist das auch ein guter Einzelsport – vor allem, wenn man den Kopf überladen hat. Deshalb gehe ich auch ab und zu alleine Walken.»
«Menschen sind interessant»
Vielen Bücherwürmern haftet der Ruf an, sich vor den Menschen zu verstecken. Susanna Gopp ist da anders.?Sie sucht die Menschen. Der Ausgang mit Freunden und der Umgang mit ihnen ist ihr wichtig. «Das klingt jetzt sehr philosophisch, doch mich interessieren Flughäfen und Flugzeuge sehr. Sie sind ein?Ausdruck unserer Zivilisation.» Was das mit Menschen zu tun hat??«Ganz einfach!?Wenn ich ein Flugzeug sehe, dann stelle ich mir immer Fragen wie: Wer sind die Menschen darin? Woher kommen sie? Wohin gehen sie? Was beschäftigt sie? Was erwartet sie noch? Sind sie auf der Flucht vor etwas oder freuen sie sich auf den ersten Urlaub mit dem Partner?», lässt die vordergründig pragmatische junge Frau ein wenig Sentimentalität durchblitzen. «Manchmal ist es auch spannend, einfach in einer belebten Fussgängerzone innezuhalten und die Bahnen der Menschen zu verfolgen, die um einen herum unterwegs sind. Menschen sind sehr interessant», so die 36-Jährige, die auch gerne einmal zur Spiegelreflexkamera und zu Leinwand und Pinsel greift, um sich kreativ zu betätigen. «Ein Wunsch von mir wäre es, eines Tages einen Bildband zu erstellen, der Menschen im Alltag und das Leben dahinter zeigt. Ob dazu aber mein fotografisches Talent reicht, weiss ich nicht», lacht die Hobby-Fotografin.
Man kann nicht alles wissen
Der Blick hinter die Dinge. Das ist ein Merkmal, das in einer recht oberflächlichen Zeit fehlt. Susanna Gopp will hinter die Prozesse blicken, welche die Welt zu dem machen, was sie ist. Erst so bekommt das ständige Dazulernen, kombiniert mit dem nötigen Pragmatismus («Probleme sind da, um gelöst zu werden»), einen Sinn. Denn lernen darf niemals ein Selbstzweck sein. «Schliesslich muss man sich auch bewusst werden, dass man nicht alles wissen kann», sagt sie. Aber man kann so viel wie möglich lernen, damit man im Leben weiterkommt.(mw)
Steckbrief
Name: Susanna Gopp
Wohnort: Ruggell
Alter: 36
Zivilstand: verheiratet
Beruf: Kommunikationsmanagerin
Hobbys: Langlauf, Walking, Biken, Malen, Fotografie
Leibspeise: Sushi, Kaiserschmarrn (mit viel Rosinen)
Getränk: Latte Macchiato mit einem Schuss Vanillesirup
TV-Vorliebe: Sex and the City, Desperate Housewifes, Cold Case
Lektüre: Fachliteratur, Zeitungen Cecilia Ahern
Stadt/Land? beides (Lieblingsstadt:?New York)
Sommer/Winter? beides
Stärke: Pragmatismus
Schwäche: Süssigkeiten
Motto: «Es kunnt aso wias kunnt. Und so wias kunnt, kunnts guat!»
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«Liewo-Porträt»