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«Kannst du eine Sprache, kennst du eine Person ?»

«? kannst du mehrere Sprachen, kennst du mehrere Personen» ? nach diesem englischen Sprichwort lebt Vanessa Vogt aus Balzers. Sprachen sind ihre Leidenschaft, und damit verwirklicht sich die 22-Jährige den Traum vom Reisen, dem Kenenlernen fremder Menschen und Kulturen.

Porträt: von Julia Gstöhl

 
«Die Sprache allein ist es nicht», erklärt Vanessa Vogt aus Balzers. Es gehöre viel mehr dazu, ein Land mit seinen Leuten kennenzulernen, als nur deren Sprache zu sprechen. «Natürlich ist die Sprache der Schlüssel zu all den weiteren Dingen, doch wer sich in einem Land wohlfühlen will, der tut sich leichter, wenn er über dessen Kultur und das Sozialverhalten der Einwohner Bescheid weiss.» Die 22-jährige Sprachstudentin, die heuer an der Durham University in England ihren Bachelor in Modern Languages gemacht hat, muss es wissen. 
 
«Ich brauche die Herausforderung»
 
Wie der Name der Schule (Languages and Cultures) schon sagt, lernen die Studenten dort nicht nur die Sprache, sondern auch die Kultur des Landes kennen. Vanessa Vogt hat sich entschieden, Französisch und Russisch zu studieren. Wieso gerade Russisch? «Ich weiss, dass wenige Leute Russisch studieren würden, da die Sprache sehr schwierig zu erlernen ist, aber ich wollte eine Herausforderung», erklärt sie.  
In den vier Jahren des Studiums hat die Balznerin einige wertvolle Erfahrungen gemacht. So ist sie im dritten Schuljahr für drei Monate nach Kostroma, Russland, einer von grosser Armut gezeichneten Stadt nordöstlich von Moskau, gereist, um dort ihre Russischkenntnisse zu verbessern. «Da habe ich gemerkt, welchen Vorteil es hat, wenn man über die Kultur Bescheid weiss und weiss, wie man sich zu verhalten hat – meistens zumindest», lacht sie. Nach zwei Jahren russischem Unterricht fiel es der Liechtensteinerin am Anfang schwer, sich in der Landessprache zu verständigen. «Speziell die Leute zu verstehen war manchmal unmöglich, denn alle dachten, ich sei Russin», erklärt sie. «Das erste Mal auf dem Markt war der Horror. Fünf Fleischverkäufer schrien mir entgegen und wollten mir ihre Ware verkaufen. Als ich dann das russische Prinzip des Handelns verstanden habe, konnte ich auch mal Fleisch kaufen, das nicht völlig überteuert war», erinnert sie sich. 
 
Entweder reich oder arm
 
Auch ihre Englischkenntnisse waren in Russland gefragt. Die 22-Jährige unterrichtete Kinder und Jugendliche in Schul-Camps in ihrer zweiten Muttersprache. «Ich hatte sehr viel Spass mit den Kindern. Obwohl ich keine Erfahrung im Unterrichten hatte, liess ich mich mit einem mulmigen Gefühl darauf ein. Das Gefühl haben sie mir jedoch gleich genommen», erinnert sie sich. 
Sie habe sich sehr gut aufgenommen gefühlt und sei so herzlich umsorgt worden, dass sie es selbst kaum glauben konnte. «Die Ärmsten der Armen würden einem ihr letztes Hemd geben», erzählt sie beeindruckt. Sie fühlte sich in den ärmeren Kreisen sogar wohler als in der reichen Familie, bei der sie die letzten zwei Wochen ihres Aufenthaltes verbracht hat. «Natürlich hat es mir bei der Familie an nichts gefehlt. Sauna, Fitnessraum, Pool – alles war da», erzählt sie. Doch ihre Gasteltern seien praktisch den ganzen Tag unterwegs gewesen und hätten kaum Zeit für sie gehabt. «Ich habe beides gesehen – die arme und die reiche Seite Russlands – dazwischen gibt es nichts», bedauert sie die dortigen Verhältnisse.
 
Wie in einem Hollywood-Teenie-Streifen
 
Geboren und aufgewachsen ist Vanessa Vogt in der südlichsten Gemeinde Liechtensteins – in Balzers. Dort besuchte sie den Kindergarten und die Primarschule. Dann plötzlich wurden ihre Eltern flügge: Sie wollten nach Kanada. Ihre Mutter, ursprünglich aus England, und ihr Vater, ein waschechter Liechtensteiner, wollten zurück nach Nordamerika, wo sie sich 30 Jahre zuvor kennengelernt hatten. Also zog Familie Vogt mit Sack und Pack nach Nova Scotia, einer Halbinsel am Atlantischen Ozean. Ihr Bruder war damals fünf Jahre alt, sie selbst war sieben. 
In Nova Scotia besuchte Vanessa Vogt die Highschool und begann sich für Sprachen zu interessieren. Die Highschool-Zeit an sich empfand sie als nicht wirklich sinnvoll. Es sei dort teilweise wirklich so oberflächlich, wie man es aus Hollywood-Teenie-Streifen kenne. «Es gibt da eine Football- Mannschaft und Cheerleaders etc.» Doch sie selbst habe sich nicht für den ganzen Kram interessiert – sie konzentrierte sich aufs Lernen und ihre sportliche Leidenschaft, dem Basketball. «Mir war wichtig, dass ich so schnell wie möglich zu meinem Abschluss komme und zurück nach Europa reisen kann», erzählt sie. Und wenn Vanessa Vogt sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann macht sie das auch. Schlussendlich hat sie mit zwei Fächern mehr als nötig und ein halbes Jahr früher die Highschool abgeschlossen. «Ja, das war ein wenig stressig, aber das war es mir wert.» Also kam sie zurück nach Liechtenstein, wohnte bei ihrer Grossmutter, arbeitete in einem Treuhandbüro in Vaduz und überbrückte so die Zeit bis zum Studienstart in Durham.
 
Ihr Traum: Ein Platz bei der UNO
 
Im Moment ist  Vanessa Vogt mit ihren Eltern, die es zurück in die Heimat gezogen hat, in Balzers zu Hause. Ob sie sich hier auch wirklich daheim fühlt? «Ja, ich bin und bleibe Liechtensteinerin, denn schliesslich habe ich hier den grössten Teil meiner Kindheit verbracht.» Doch trotz allem zieht es die 22-Jährige wieder in die Ferne. Um ihren Traum zu verwirklichen, möchte sie bei der UNO arbeiten. «Die UNO ist der richtige Platz für mich, weil ich von meinen Sprachkenntnissen Gebrauch machen kann, viel rumkomme und mich dabei für die Menschenrechte einsetzen darf – was will ich mehr?» Gerade hat sie ihre Bewerbung an die UNO geschickt und wartet nun auf Rückmeldung, ob sie zur Prüfung antreten darf. «Ich bin gespannt, ob sie mich antreten lassen», erzählt sie. Bis dahin möchte die Balznerin arbeiten und Geld verdienen.
Egal, wo Vanessa Vogt in Zukunft sein wird, sie wird immer wieder gerne zurück ins Ländle kommen. «Für mich hat Liechtenstein die perfekte Mischung von Stadt und Land», erklärt sie. Natürlich sei Vaduz keine Stadt, aber trotzdem sei etwas los. Denn Vanessa Vogt hat weder in Kanada noch in England in einer Grosstadt gelebt. «Egal, wo ich bisher war, ich habe immer abseits vom Trubel gewohnt.» Sie würde sich in einer Grosstadt auf Dauer auch nicht wohlfühlen, denn sie liebe die Natur, sei gerne draussen an der frischen Luft und geniesse das Grün um sich.   
 
Immer wieder «Tschüss» sagen
 
Auch wenn das junge Sprachtalent in der Vergangenheit oft Ort und Freunde wechseln musste, ist es ihr grösster Traum, weiterhin durch die Welt zu reisen und dabei Gutes zu tun. «Irgendwann gewöhnt man sich daran, Tschüss zu sagen», sagt sie. Natürlich falle es ihr immer wieder schwer, aber sie gehe jeweils mit der Einstellung weg, dass man sich irgendwann bestimmt wiedersieht. «Ich bin mit vielen meiner Freunde aus Kanada, England, Russland und natürlich Liechtenstein in E-Mail-Kontakt.» Es sei ihr wichtig, zu wissen, wie es ihren Liebsten geht und den Kontakt trotz der Entfernung so gut wie möglich aufrechtzuerhalten. 
 
Steckbrief
 
Name: Vanessa Vogt
Wohnort: Balzers
Alter: 22
Muttersprache: Englisch, Deutsch
Beruf: Studentin (Abschluss 2011)
Hobbys: Basketball, Fussball, 
Fitness, Surfen
Leibspeise: Kässpätzle
Getränk: Riesling
TV-Vorliebe: Kinofilme
Lektüre: Poesie, Geschichtsbücher
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Sommer
Ort: «Überall, wo ich mich zu 
Hause fühle.»
Stärke: Kommunikation
Schwäche: Immer auf dem 
Gaspedal
Motto: «He who says he can, and he who says he can't, are both usually right.»
Traum: Bei der Uno arbeiten, um die Welt reisen und Gutes tun.
 

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