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Immer auf das Wesentliche konzentriert

Der Wahl-Azmooser Ludovic Magnin befindet sich in einer neuen Lebensphase. Nach seiner Profikarriere meint er: «Nun ist meine Frau an der Reihe, ihre Träume zu verwirklichen.» Der dreifache Familienvater bastelt derweil an seiner Trainerkarriere.

Es war eine grosse Umstellung: Während er als Fussballprofi an den Wochenenden wenig Zeit für das Familienleben hatte, geniesst Ludovic Magnin jetzt die Zeit, in der er seine Kinder heranwachsen sieht. Beim FC Zürich arbeitet er als U14-Cheftrainer am Trainer-B-Diplom, ein Jahr später soll das A-Diplom folgen und später die Uefa-Pro-Lizenz, die ihn als Trainer für Profiteams qualifiziert.
Magnin wäre nicht Magnin, wenn er nicht auch hier Optimierungspotenzial sehen würde. Als ungeduldiger Mensch kann ihm die Ausbildung nicht schnell genug gehen. «Man hat beim Schweizer Verband viel zu lange Wartezeiten. Man sollte für Exprofis den Weg verkürzen.» Zwischen den Diplomen ist immer mindestens ein Jahr Wartezeit vorgesehen. «Die Ausbildung ist super und die Menschen, die man da trifft, einmalig. Doch wer schnell nach oben will, muss lange warten», so der Waadtländer, der mit sechs Jahren beim FC Echallens (VD) erstmals die Fussballschuhe schnürte.

«Sie haben gelacht»

Fussballspieler werden oft mit dem Klischee konfrontiert, dass sie für komplexe Gedankengänge nicht gerade zugänglich sind. Magnin ist hier anders: Er analysiert intelligent die Begebenheit und versucht sie zu verbessern. Dabei traut er sich auch Dinge anzusprechen, die vielen unangehm sind: ehrlich, offen und bodenständig.
«Für Journalisten war ich aufgrund von pointierten Aussagen oft ein gutes Ziel, deshalb wurde ich mit der Zeit vorsichtiger, was ich gegenüber den Medien sagte. In meiner jetzigen Position ist es nicht mehr so heikel. Daher brauchen Sie heute kein Tonband», schmunzelt Magnin, der seine Profikarriere unter Trainer Lucien Favre begann und von seinem Mentor viel lernte. Dass er eines Tages in der Bundesliga spielen würde, hätte er sich als junger Kicker nicht träumen lassen. «Als ich meinen Mitschülern sagte, dass ich eines Tages Profifussballer werde, haben sie mich noch ausgelacht.»

Lucien Favre vertraute ihm

Ein Aufgebot in die Waadtländer Auswahl war das Einzige, was Magnin vorweisen konnte, ehe er nach einem Jahr Lausanne zu Yverdon-Sports in die Challenge League wechselte. Magnin blieb hartnäckig, glaubte an sich ? obwohl er bis dahin schon von einigen Trainern beiseitegeschoben wurde. Sein Selbstvertrauen und sein Biss brachten ihn ins Fanionteam von Yverdon, mit dem er in der zweiten Saison in die Super League aufstieg. Gecoacht wurde das Team von Lucien Favre, der aktuell als Cheftrainer bei Borussia Mönchengladbach in der deutschen Bundesliga amtet.
«Für diese Chance bin ich Lucien bis heute unendlich dankbar. Er ertraute mir, während andere nicht an mich glaubten. Das machte es mir erst möglich, meine weitere Profikarriere zu planen», erklärt Magnin. Favre kannte den späteren Flügelflitzer, der zunächst als linker Aussenverteidiger viele Einsatzminuten sammelte, noch vom FC Echallens her. Als Favre im Jahr 2000 zu Servette wechselte, war auch für Magnin klar, dass er nun einen Schritt weiterkommen und Yverdon verlassen musste.

«Bei GC war die Ausstiegsklausel unakzeptabel»

Als Interessenten boten sich unter anderem die Grasshoppers Zürich und der FC Lugano an. Sportlich wäre der Schritt zu GC wohl die bessere Variante gewesen. «GC wollte mich aber mit einer unakzeptablen Ausstiegsklausel vier Jahre an den Verein binden. Deshalb ging ich nach Lugano.» Was sich als richtiger Schritt herausstellen sollte. Denn in Lugano wurde er von Trainer Thomas Schaaf persönlich beobachtet und nach Bremen geholt. «In zwei Spielen, bei denen dann der Bremer Sportdirektor Klaus Allofs anwesend war, holte ich wegen Notbremse-Fouls jeweils eine Rote Karte. Werder holte mich trotzdem», lacht Magnin, der mit Bremen 2004 das Double (Meisterschaft und DFB-Pokal) holte.
Auch die privaten Weichen wurden in diesem Jahr gestellt. Während des Trainingslagers in Bad Ragaz ? und einer verletzungsbedingten Auszeit ? lernte er seine heutige Frau Chantale kennen. «Ich hatte einen Muskelfaserriss und der Trainer gab mir frei, anstatt mich nach Bremen zur Behandlung zu schicken. Ich ging mit zwei Kollegen aus der Westschweiz nach Chur in den Ausgang, und da trafen wir uns dann.» Er lud Chantale auf ein Wochenende nach Bremen ein, danach nahm alles seinen Lauf. «Wir trafen die Abmachung, dass mir Chantale so lange folgt, solange ich Fussballprofi bin. Dafür sollten wir in der Schweiz ein Haus bauen und nach meiner Aktivzeit sollte sie ihre Karriere starten.»

Bei Profiklubs zählen nicht nur die Spieler, sondern die Familien

Für Chantale keine leichte Zeit, wie Ludovic zugibt. «Sie war während der Profizeit mit den Kindern ständig alleine ? und ich war an den Spielen. «Meine Vereine taten natürlich alles, um Chantale das Leben zu erleichtern. So konnte ich mit freiem Kopf spielen», lobt Magnin die Arbeit von Werder und dem VfB Stuttgart, zu dem er 2005 wechselte. «Das ist auch der Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz.» Hier fragten sich die Ve­reine, wie viel Miete sie für eine VIP-Loge verlangen können. Am Ende sitzen die Familien der Spieler draussen im Regen. In Deutschland sei es hingegen selbstverständlich, dass man auf die Zufriedenheit der Spielerfrauen achtet und stellt ihnen die Loge zur Verfügung. «Denn wenn ein Spieler weiss, dass es seiner Frau gut geht, spielt er automatisch besser.» Und der «Job» der Spielerfrauen werde allzu oft unterschätzt.
So holte Magnin mit dem VfB Stuttgart in seiner zweiten Saison mit seinen Kollegen Sami Khedira und Torschützenkönig Mario Gomez im Jahr 2008 seinen zweiten deutschen Meistertitel. Zwei Jahre danach ging er zum FC Zürich und liess seine Aktivkarriere ausklingen. Als Assistent bei der U18 des FCZ verdiente er seine ersten Trainersporen ab und lernte bereits viel für die Praxis. Jetzt muss er für das B-Diplom Cheftrainer eines Teams sein. So übernahm er die U14. «Es ist viel Grundlagentraining und es macht Spass, doch ich weiss, dass ich dort, wo es um die mentale Komponente geht, viel mehr nütze», erklärt Magnin. Und das sei eben bei den Erwachsenen. Dabei sei es für ihn wichtig, dass der Verein ein klares Konzept habe, wie er die Spieler ausbildet und in den Profifussball führen will. Das sei bei vielen Vereinen und Verbänden, die bisher bei ihm anklopften, nicht der Fall.

«Es geht vieles zu langsam»

Die Tatsache, dass nun immer mehr ehemalige Profis in die technischen Abteilungen der Vereine Einzug halten, gefällt ihm. «Ich glaube, der FC Luzern wird mit Alex Frei viele Erfolge feiern. Wir Profis wissen, worauf es ankommt. Wir haben das schliesslich selbst erlebt.» Im Vergleich zu seiner Zeit gehe heute einiges langsamer. «Früher wurden wir mit 16 oder 17 Jahren ins kalte Wasser geworfen und spielten in der ersten Mannschaft. Heute warten die Jungs so lange im Spitzenfussball auf ihre Chance, dass sie dann, wenn es so weit wäre, oft zu lange in der Warteschlange waren und ausgebrannt sind. Das ist meiner Meinung nach der falsche Weg», warnt Magnin vor dem «Schonen» der Talente. Er arrangiert sich aber mit diesem System und wartet auf die Absolvierung seiner Trainerlizenzen.

Den Erfolg aller fördern

Seine persönlichen Ziele für die nächsten 10 bis 15 Jahre? «Wenn unsere Kinder erwachsen und gut ausgebildet sind, sollen wir beide sagen können, dass wir es geschafft haben: Das heisst, dass wir versuchen, das Unternehmen meiner Frau, meine Trainerausbildung und die Erziehung unserer Kinder unter einen Hut zu bringen.»

Immer auf dem Boden bleiben

Wichtig sei es aber in jedem Fall, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben, auch wenn Magnin nach wie vor mit Superstars von Real Madrid befreundet ist. Und hier stellt Magnin klar: So abgehoben, wie sie von den Medien oft beschrieben werden, seien die Superstars Ronaldo und Co. nicht. «Auch sie sind umgänglich und in zwischenmenschlichen Angelegenheiten auf dem Boden geblieben.» Sie kämen alle aus bescheidenen Verhältnissen und lernten schnell, worauf es im Leben ankommt. Das sei ihm selbst auch immer wichtig gewesen. «Ich bin in einem Bauerndorf aufgewachsen. Da lernt man, auf dem Boden zu bleiben und solide zu arbeiten.» Man müsse eben wissen, woher man kommt.
Das sei unter anderem auch das Erfolgsrezept der Schweizer Nationalmannschaft unter Köbi Kuhn gewesen. «Diese Zeit habe ich sehr genossen. Köbi gab uns ? im Gegensatz zu Ottmar Hitzfeld heute ? viele Freiheiten, und wir haben es ihm mit Erfolgen und konzentrierter Arbeit zurückgegeben.» Kuhn habe verstanden, wie die Schweizer ticken. «Heute muss man den jungen Spielern oft engere Grenzen stecken, damit sie nicht abschweifen.» (mw)

Steckbrief
Name: Ludovic Magnin
Wohnort: Azmoos
Alter: 34
Beruf: Primarschullehrer (gelernt), jetzt Fussballtrainer in Ausbildung
Hobbys: Fussball, Sport allgemein, Familie, Kochen, Jassen
Leibspeise: Rindsfilet mit Balsamicosauce von Chantale
Getränk: Eistee
TV-Vorliebe: Spielsendungen und Fussball
Musik: House à la Daft Punk oder Blurred Lines
Lektüre: Zeitungen, Biografien
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Beides
Ort: Caumasee
Stärke: Selbstbewusstsein
Schwäche: «Ich habe einfach keine Nerven.»

 

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