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«Ich durfte immer von den Besten lernen»

Im Februar ging Franz Gassner in Frühpension. Nach 40 Jahren bei der Hilti AG sucht er seine Herausforderungen nun in der Schmiedekunst. Dabei wird der «Ehni» von seinen Enkeln tatkräftig unterstützt.

Dafür, dass er in den blühenden 1950er-Jahren zur Welt kam, ist Franz Gassner sehr dankbar. «Ich wurde in eine Zeit der Vollbeschäftigung hineingeboren, in denen die Politiker noch ehrlicher waren und man noch viele Visionäre und Pioniere kennenlernen durfte.» Dieser Umstand prägte ihn – auch heute noch. Mit seinen drei Geschwistern wuchs er in Triesenberg in eine «Hiltianer»-Familie hinein. «Mein Vater war schon bei der Hilti AG tätig. Auch damals schon hatte die Firma den höchsten Stellenwert im Land. Da waren nur die Besten der Besten», schwärmt Franz Gassner, für den früh klar war, dass er die technische Berufsschiene wählen würde. Metall hat es ihm schon früh angetan, und so machte er nach der Realschule in der Hoval AG Vaduz die Lehre zum Konstruktionsschlosser.

Er erhielt die Gelegenheit, Liechtenstein bei der Berufsolympiade als Stahlbauschlosser zu vertreten. «Solches Engagement wurde von der Industrie sehr gefördert», erinnert er sich. Obwohl er nach seiner Lehre ein Jobangebot bei der Hilti AG?angenommen hatte, vertrat er die Hoval AG bei diesem Wettbewerb und gewann prompt die Goldmedaille, worauf er und seine Ausbildungsfirma und sein Arbeitgeber zu Recht stolz waren.

Ständig im Wandel

Seine Berufslaufbahn bei der Hilti AG war vielfältig, verantwortungsvoll und sehr abwechslungsreich. Besonders die Tatsache, dass man immer auf dem neusten Stand war, liess Franz Gassner fürs Leben profitieren. «Wir hatten Qualitätsstandards, die viele andere Unternehmen erst viel später einführten. So hatten wir immer einen gewissen Vorsprung.» Auch die Tatsache, dass oft neu eintretende Mitarbeiter, die direkt von der Uni kamen, diesen  Qualitätsstandard als relativ neu empfanden, entlockte ihm des Öfteren ein Schmunzeln. «Wir praktizierten und lebten die Standards schon 15 Jahre vorher. Und dann kam ein Uniabgänger, der uns das als etwas Neues vermitteln wollte. Das war schon recht amüsant.» Die Entwicklung der Computer hat er durch die Firma immer auf dem neusten Stand miterlebt. «Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie die ersten Computer und ständig neue Software eingeführt wurden. Es entbrannten oft Richtungsstreitigkeiten, welches Programm denn nun besser sei.» Für den Heimnutzer standen diese Möglichkeiten damals noch nicht offen. «Man hatte gewissermassen Vorsprung gegenüber den anderen PC-Anwendern.»

Hinzu kam für ihn, dass er  viele Lehrmeister hatte, die zu den Besten ihres Fachs gehörten. «Ich durfte immer von den Besten lernen und man durfte auch Fehler machen, aus denen man lernte. Das ist heute nicht mehr so selbstverständlich», blickt er auf seine Zeit zurück, die ihn am Ende zu dem machte, was er heute ist:?Ein glücklicher Pensionist mit jeder Menge schöner Erfahrungen. Etwas wehmütig blickt er auf die Zeit zurück, als man auch noch am Samstag arbeitete. «Wenn am Samstag Martin Hilti – der Gründer der Hilti AG und wohl einer der bekanntesten Industriepioniere Liechtensteins – durch seinen Betrieb ging und sich nach unserem Befinden und nach unserer Arbeit erkundigte, war das jedes Mal etwas Besonderes.»

Alle drei bis vier Jahre ein neuer Anstrich

Die Firmenphilosophie passte in das Lebenskonzept von Franz Gassner. Blickt man auf den Weltkonzern, hat er in seinen 40 Jahren ein vielseitiges Jobprofil absolviert. Zunächst als Konstruktionsschlosser mit Ausbildung zum Diplomkonstrukteur. «Für mich war klar:?Ich gehöre in die Produktion.» Das hatte für Franz Gassner nicht nur den Vorteil, dass er am Puls des Geschehens war. «Die wahren, guten Innovationen kommen meiner Meinung nach nicht aus dem Lehrbuch, sondern aus der Produktion. Denn erst in der Praxis merkt man, ob eine Idee etwas taugt oder nicht. Marktreife erhält ein Produkt nun mal in der Produktion und nicht auf dem Papier.» Er erzählt das Beispiel eines Asiaten, der aufgrund eines Bedienungsfehlers an einer Maschine plötzlich ungewollt Unterlagsscheiben in einem ganz einfachen Verfahren produzierte. «Das sind eben jene Fehler in der Produktion, die man machen darf und muss, um den Prozess voranzutreiben», erklärt Franz Gassner.

Mit einer Weiterbildung zum Technischen Kaufmann konnte er sein Wissen und seine Erfahrung im Engineering und in der Logistik einbringen. Alle drei bis vier Jahre wechselte das Jobgebiet, und so wurde es in der Firma auch nicht langweilig. «Natürlich hatte man Hochs und Tiefs, wie es im Leben so ist.?Ich bin dankbar dafür, dass ich diese Erfahrungen machen durfte.» 

Stolzer Vater und «Ehni»

Bereits mit 23 Jahren hat Franz Gassner geheiratet, und der Nachwuchs folgte prompt. Auf ihn ist er stolz. Beide Söhne haben gute Jobs und setzen sich stark für die Gesellschaft ein – sei es im Fussball, im Skisport oder in anderen Belangen. «Das zeigt mir, dass wir bei der Erziehung einiges richtig gemacht haben. Das soziale Engagement ist sehr wertvoll.» Und mit seinen Enkeln kann er nun das erleben, was er mit seinen beiden Söhnen aufgrund seiner Berufstätigkeit nicht ungestört erleben durfte. «Natürlich erlebt man das anders – intensiver, wenn man seine Zeit frei von Verpflichtungen planen kann. Das geniesse ich sehr.»

Der Schmied von Triesenberg

Und wer glaubt, dass es Franz Gassner nun nach seiner Pensionierung langweilig wird, täuscht sich. Sein dreijähriger Enkel ruft ihn praktisch jeden Morgen an. «Ehni, was machscht hüt?», lautet dann die  Frage. «Für mich ist es dann ganz klar:?Für meine vier Enkel lasse ich alles stehen und liegen, denn sie gehen mir über alles.» Tatkräftig wird Gassner dann meist vom Jüngsten in der Werkstatt unterstützt. Das Schmieden ist sein liebstes Hobby. Und wer Franz Gassner besucht, sieht, was man aus einem blossen Stück Eisen oder Stahl alles zaubern kann. So hat er in seiner Garagen-Werkstatt schon die verschiedensten Figuren und Messer produziert. Ein Kunsthandwerker mit Leib und Seele eben.

Dabei kommen alle möglichen Motive vor: Ob nun aus Sagen oder aus dem Alltag oder Horoskop-Themen. Alles von Hand gemacht. Seine Leidenschaft für Metall begleitet ihn also weiterhin und lässt ihn seine kreative Ader ausleben. Derzeit ist er auch Hausmann, denn seine Frau Johanna hat sich beim Skifahren eine Verletzung zugezogen und geht an Krücken. «Er macht seine Sache gut», erzählt Johanna. «Und wenn nicht, dann gibt es eben ein Mitarbeitergespräch wie in der guten alten Hilti-Zeit», lacht Franz.

Noch ein schwieriges Projekt

Sein nächstes grosses Projekt ist die Fertigung von Messern aus rostfreiem Damaszener-Stahl. «Ich möchte für meine Enkel noch ein ganzes Set herstellen, das sie ihr Leben lang brauchen können.» Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, und auch hier möchte er noch einmal von den Besten lernen. «Das Herstellen von rostfreiem Damaszener-Stahl ist heute schwierig zu erlernen. Es gibt weltweit nur noch wenige Meister auf diesem Gebiet. Das werde ich mir, wenn meine Frau wieder fit ist, von einem solchen beibringen lassen», kündigt Franz Gassner ungebrochen ehrgeizig an. (mw)

 

Steckbrief

Name: Franz Gassner

Wohnort: Triesenberg

Alter: 60

Beruf: Seit Februar Pensionist

Hobbys: Kunstschmieden, Skifahren, Garten, Natur

Leibspeise: Spätzli mit Gulasch

Getränk: Wasser frisch vom Berg

TV-Vorliebe: Dokumentarfilme

Musik: Volksmusik (Andrea Berg)

Lektüre: «Ausser Dienst» von Helmut Schmidt

Stadt/Land? Land

Sommer/Winter? Beides

Ort: Triesenberg

Stärke: Vielseitigkeit

Schwäche: Oft zu hektisch

 

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