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Fussballfan mit Nehmerqualitäten

Corrado Filipponi aus Winterthur liebt es, zu reisen. Vor 20 Jahren machte er sein Hobby zum Beruf. Der Weltrekord-Paddler präsentiert am 5. März in Schaan seine Multivision- Fotoreportage «Celtic ? Irland und Schottland».

Ich hasse es, wenn sich Fussballer, sobald sie berührt werden, zu Boden schmeissen und auf ‹sterbenden Schwan› machen. Man muss doch die Zähne zusammenbeissen, aufstehen und weitermachen», sagt Corrado Filipponi, der bis zu seinem 18. Lebensjahr leidenschaftlicher Fussballer war, im Small Talk über die «schönste Nebensache der Welt». Sein unangefochtenes Lieblingsteam ist Manchester United, obwohl man sich «damals mit der Übernahme durch Glazer viel Ärger eingebracht hat», aber die «Red Devils» sieht er sich immer gerne an. Unter anderem, weil sie sich bei Zweikämpfen eben nicht zu Boden schmeissen und sich winden, sondern die Zähne zusammenbeissen und weitermachen.
Diese Eigenschaft, die er an die Fussballer stellt, hat er selbst mehrfach unter Beweis gestellt. Nicht zuletzt bei seinem Solo-Kajak-Weltrekord, als er den Rhein bezwang. In 7 Tagen, 10 Stunden und 16 Minuten fuhr er die Strecke von Chur bis Hoek van Holland, die Mündung in die Nordsee. «1161 Kilometer, die ich nie vergessen werde», ist Corrado Filipponi überzeugt. Er brach damit den 21 Jahre alten Weltrekord.

Sich selbst kennenlernen

Acht Jahre zuvor sass der Weltrekordhalter zum ersten Mal in einem Kajak. «Ich war gerade auf meiner Open-end-Reise vom südlichen Afrika über Australien nach Südamerika», erzählt der Winterthurer. «Da bekam ich das Buch ‹The Adventures of Huckleberry Finn› in die Finger. Da ich auf allen Kontinenten ausser in Nordamerika schon war, inspirierte mich das zu einem grossen Abenteuer.» Corrado Filipponi kaufte sich ein Kajak und paddelte vom Lake Itasca, der Quelle des Mississippi Rivers, den 3779 Kilometer langen Strom als Erster ohne Erfahrung bis zu seiner Mündung in den Golf von Mexiko – und das in 62 Paddeltagen bzw. 80 Tagen. Seine Erfahrungen beschreibt er in dem Buch «Bach ab».
Dabei erlebte er auch einige Abenteuer entlang der Route, wo er seine Nachtlager aufschlug. «Nicht selten traf ich auf Gangs und andere Outlaws, die sich in Flussnähe aufhielten. Interessanterweise wurde ich nie bedroht, ausgeraubt oder überfallen. Und das während meiner 12-jährigen Reisetätigkeit.» Am Ende der Reise – nach 80 Tagen – war seine Beinmuskulatur praktisch nicht mehr vorhanden und er musste sich körperlich wieder auf Vordermann bringen. «Am absoluten körperlichen und mentalen Limit lernt man sich selbst am besten kennen», erklärt Corrado Filipponi seine Motivation hinter diesen Unterfangen.

Mit Amazonasschwimmer Martin Strel unterwegs

Nach diesem Abenteuer machte er sich mit dem Extremschwimmer Martin Strel aus Slowenien auf den Weg, die Flüsse der Welt zu erobern. Der Slowene war im selben Jahr auf dem Mississippi wie Filipponi. Die Schwimmweltrekorde von Martin Strel, der 2004 den Jangtse (China) und 2007 den Amazonas bezwang, dokumentierte Filipponi foto- und filmografisch als Begleiter. Dazwischen erlebte er seine zweite grosse Kajak-Tour. «2005 ging ich in die Donau und befuhr sie vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer. Das war mein bisher schönster Fluss im Kajak», erklärt Filipponi.

Mit dem Fotoapparat um die Welt

Seine Reiselust entdeckte der damals 21-jährige Filipponi, als er mit einem Freund in einen VW-Bus stieg und von zu Hause aus Richtung Nordkap aufbrach. «Insgesamt waren wir drei Monate unterwegs und ich dachte mir: Das ist genau mein Ding.» Nebenbei arbeitete Filipponi in der kaufmännischen Abteilung der ZHAW (Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft) und zeitweise bei der Stadtverwaltung der Stadt Winterthur. «Hier spiele ich nach wie vor im Firmenfussballteam», erklärt der 44-Jährige.
Seit 1989 unternimmt er längere Reisen, um fremde Länder und Kulturen zu erforschen. Seine erste Fotoreportage erstellte er über Neuseeland und Australien, wo er mit 22 Jahren erstmals zu Gast war. «Jede Reise ist anders und bedarf einer intensiven Vorbereitung.» Mit seiner Erfahrung weiss er heute, dass die Planung für seine Reportagen schon zwei Jahre im Voraus beginnen müssen. «Am Ende bin ich meist vier Monate auf Reisen, vier Monate produziere ich die Foto-Multivision und vier Monate gehe ich damit auf Tour», erklärt Filipponi, der seinen Job sehr strukturiert angehen muss, um erfolgreich zu sein. So geht jeder Reise ein detailliertes Konzept voraus. «Man muss beispielsweise wissen, mit welchen Firmen man sich beschäftigen möchte und früh genug die Termine fixieren. Ausserdem sollte man sich Karten besorgen, wenn ‹U2› in Dublin ein Konzert gibt. Das geht nicht so spontan», lacht er.

«Celtic – Irland und Schottland»

So präsentiert er am Dienstag, 5. März, erstmals als Sologast im Schaaner SAL sein neustes Projekt «Celtic – Irland und Schottland». Vor wenigen Wochen präsentierte Filipponi die unglaubliche Geschichte des «Amazonas-Schwimmers» im SAL, bei der auch Martin Strel anwesend war. «Der SAL eignet sich bestens für eine solche Veranstaltung und ich freue mich bereits darauf», gibt sich Filipponi zuversichtlich, dass seine Präsentation auf Interesse stösst. «Von der Whisky-Produktion in Schottland bis hin zu irischen Windhunddrennen wird alles beleuchtet, was die beiden Länder ausmacht», erklärt der Schweizer.
Natürlich durfte hier auch ein Besuch des Fussball-Länderspiels Schottland – Schweiz nicht fehlen. «Der Fussball begleitet mich überall hin. Sei es in Argentinien, Australien oder irgendwo sonst: Das interessiert mich einfach.» So konnte er beispielsweise in Buenos Aires mit dem Präsidenten des FC San Lorenzo und Startrainer und Innenverteidiger-Legende Oscar Ruggeri Bekanntschaft machen. Die Foto­impressionen sammelt er, mischt sie mit der passenden Musik ab und präsentiert sie seinen Gästen an Vorführungsabenden live vor Ort. Hinter seinen Präsentationen steckt nicht nur sehr viel Leidenschaft und Herzblut, sondern auch ein grosser Zeitaufwand. 

Ein Projekt von A bis Z durchziehen

«Von der Idee über die Produktion der Foto-Multivision bis hin zur Präsentation kann ich das ganze Projekt selbst in Angriff nehmen. Und am Ende ist es jedes Mal ein befriedigendes Gefühl, wenn man das fertige Projekt in Händen hält», spürt er auch nach seiner siebten Show noch die Begeisterung. Und auch die Diskussionen im Anschluss sind jedes Mal eine besondere Herzensangelegenheit. Corrado Filipponi schätzt den Kontakt mit dem Publikum. Immer wieder erhält er Anfragen von Personen, die einmal bei seinen Dokumentationen zu Gast waren, ob er ihnen Tipps geben könne. «Ich bin zwar kein Reisebüro, doch ich schätze es, wenn sich Menschen zum Teil nach mehreren Jahren noch an mich erinnern können.»
Seine Gäste sind jene Menschen, die sich nicht mit einer simplen 45-minütigen TV-Dokumentation zufriedengeben. «Sie wollen ein Thema tiefer und intensiver entdecken und nicht nur schnell und kurz betrachten», erklärt der 44-Jährige. «Die Geschichten dahinter interessieren die Menschen, und deshalb ist es für mich auch wichtig, die Tiefe einer Kultur zu erfahren, um diese Neugierde des Publikums befriedigen zu können.»

«Erfolgreich ist eine Show, wenn keiner auf die Uhr schaut»

Corrado Filipponi stellt an sich den Anspruch, die Menschen mit seinen Geschichten und Bildern zu fesseln. «Wenn am Ende niemand auf die Uhr schaut und sich fragt: ‹Was? Ist die Zeit schon um?›, dann war ich erfolgreich.»
Wer Filipponis Tourneeplan genau studiert, wird feststellen, dass er dienstags und mittwochs normalerweise keine Auftritte organisiert, sind dort doch die Spiele der Champions League für ihn ein wichtiger Ausgleich zur Arbeit. Deshalb bleibt für ihn zu hoffen, dass viele Besucher im Schaaner SAL seiner Präsentation folgen werden. Denn dafür opfert er einen Dienstag und das Rückspiel im Champions-League-Kracher Manchester United gegen Real Madrid. (mw)

Steckbrief
Name: Corrado Filipponi
Wohnort: Winterthur
Alter: 44
Beruf: Fotograf
Hobby: Kajakfahren
Leibspeise: M&M’s und Ragusa
Getränk: Wasser, Wein, Whisky
TV-Vorliebe: Arte
Musik: Folk-Rock
Lektüre: News allgemein
Stadt/Land? Edinburgh/Schottland
Sommer/Winter? Beides reizvoll
Ort: Highlands
Stärke: zuverlässig, willensstark
Schwäche: ungeduldig
Kontakt: www.dia.ch

 

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