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«Eine Medaille wäre das Grösste»

Am 7. Februar starten die Olympischen Winterspiele in Sotschi. Die «Liewo» sprach mit dem Präsidenten des «neuen» Liechtenstein Olympic Committee, Leo Kranz, über das vergangene Jahr, Sotschi und die Zukunft des LOC.

Herr Kranz, der Liechtensteinische Olympische Sportverband (LOSV) wird zum Liechtenstein Olympic Committee (LOC). Eine grosse Umstellung für den Verband?

Leo Kranz: Ja, schon, vor allem administrativ: die Statuten müssen angepasst werden, die Website wurde neu konzipiert, neue Drucksachen, Autobeschriftung usw. Aber das ist es wert, denn wir sehen speziell die Chancen und den Nutzen für unsere Mitgliederverbände in der Verwendung des Logos «Member of ?» und andererseits für uns selber in internationaler Hinsicht. Strukturelle Umstellungen gibt es nicht.

Was waren für Sie die Höhepunkte des Jahres 2013?

Ein spezieller Höhepunkt waren für mich die Kleinstaatenspiele in Luxemburg. Der Teamgeist, den das Liechtensteiner Team dort lebte, und der Erfolg, den es hatte, waren für mich ein einmaliges Erlebnis. Einfach phänomenal. Als kleines Land konnten wir zeigen, wie leistungsfähig Liechtenstein ist. Ich wurde von Vertretern der anderen kleineren Nationen auch des Öfteren gefragt, was unser Geheimnis des Erfolges ist. Hier ist es mir ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser Erfolg Ergebnis einer langen Aufbauarbeit aller Beteiligten ist. Gefreut haben mich aber auch sehr die Erfolge in den verschiedensten Sportarten und das Engagement so vieler Männer und Frauen für und im Sport. Schön war es auch, zu erleben und zu erfahren, dass Liechtenstein international bei immer mehr Sportarten vertreten ist. Ich bin überzeugt, dass Liechtenstein bei der Vielfältigkeit der Sportarten, die man betreiben kann, im Verhältnis zur Grösse des Landes weltspitze ist.

Gibt es andere wichtige Aspekte im Rückblick auf 2013?

Ja, nämlich die erwähnte Aufbauarbeit. Konkret denke ich hier an Eiskunstlauf, wo wir erstmals mit einer Athletin an einem Olympischen Event ? in diesem Fall EYOF (Olympische Jugendspiele; Anm.) ? vertreten waren, an Kunstturnen, wo wir erstmals mit einer Athletin bei den Kleinstaatenspielen vertreten waren, und an neue Sportarten, die nun in der Sportschule vertreten sind bzw. sein werden, z. B. Reiten und Judo.

Die Olympischen Winterspiele in Sotschi werfen ihre Schatten voraus. Was erwarten Sie sich von den Spielen?

Die Spiele werden zweifellos wieder perfekt organisiert sein. Für Sportler ist dieser Event ein Höhepunkt, unabhängig von der politischen Situation, die mit hineinspielt. Für uns selbst sind die Spiele auch etwas Einmaliges, zumal wir nach Marco Büchel mit Tina Weirather wieder eine Athletin an der Weltspitze mit Medaillenchancen haben. International werden die Winterspiele ebenfalls spannend sein, weil viele Nationen Chancen auf Medaillen haben, nicht nur mehr einige wenige. In der Medaillenbilanz ganz vorne werden sicher Gastgeber Russland, die USA, Deutschland und Norwegen stehen.

Mit Tina Weirather hat Liechtenstein ein heisses Eisen im Kampf um die Medaillen im Feuer. Kann das LOC die Athletin bei ihren Wettkämpfen aktiv unterstützen?

Es wäre für das Team und für mich persönlich natürlich das Grösste, wenn eine Sportlerin Liechtensteins wieder eine Medaille gewinnen würde ? die letzte wurde ja bekanntlich 1988 durch Paul Frommelt gewonnen. Die Chancen sind vorhanden, sicherlich kommt es aber auch auf die Tagesform und das Tagesglück an. Die Spitze ist relativ breit. Von uns aus haben wir im Vorfeld Unterstützung gegeben und versuchen in Sotschi selbst die optimalen organisatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Wie gross wird die Liechtensteiner Delegation in Sotschi sein?

Das kann ich heute noch nicht sagen. Am 19. Januar ist international Deadline für die Qualifikation, gleich danach trifft sich unser Olympiaausschuss, um die Sportler zu selektionieren, die es geschafft haben. Bis dato haben bekanntlich zwei Athletinnen und ein Athlet das sportliche Limit erfüllt: Tina Weirather, Marina Nigg und Philipp Hälg. Noch sind weitere Athleten im Rennen: das Bobteam, die jungen Ski-alpin-Rennläuferinnen und -läufer sowie der Freestyler Marc Christen. Wir hoffen natürlich, dass es der eine oder andere noch schafft.

Mit welchen Athleten aus der Region rechnen Sie ausserdem in Sotschi?

Sicherlich mit Simon Ammann, der ja nach den jüngsten Erfolgen abermals gute Chancen auf Olympiamedaillen hat. Ich weiss auch, dass sich die Vorarlberger Snowboardcrossfahrer Markus Schairer und Alessandro Hämmerle qualifizieren wollen, auch wenn Ersterer noch an einer Verletzung laboriert. Das Ziel Sotschi haben auch noch andere aus der Region, wie z. B. die Skispringerinnen Bigna und Sabrina Windmüller aus Sargans oder die Snowboarder Julie Zogg und Lucien Koch aus Weite bzw. Grabs. Es ist allerdings schwer zu sagen, wer sich von ihnen noch qualifiziert.

Wie beurteilen Sie die Statements von Joachim Gauck aus Deutschland und François Hollande, dass sie die Spiele boykottieren werden?

Ich stehe diesem Ansinnen äusserst skeptisch gegenüber. Ich denke, hier wird auch eine Chance vergeben, dass eben diese Politiker vor Ort sich treffen und austauschen, sodass die ganze Welt von den Spielen in verschiedener Hinsicht profitieren könnte. So wie sich an den Spielen junge Leute aus der ganzen Welt treffen, sich in sportlichen Wettkämpfen messen, gemeinsam reden und essen, obwohl ihre Länder politisch gesehen vielleicht in Spannung zueinander stehen. Aber letztlich ist es Sache der Politik, ob sie als Gäste daran teilnehmen; wir müssen uns auf den Sport konzentrieren.

Sie sind nun schon seit über 13 Jahren Präsident des LOC. Wie oft haben Sie in dieser Zeit ans Aufhören gedacht?

Die Anforderungen und Erwartungen sind gross und auch gestiegen, sodass diese Aufgabe neben Familie und Beruf immer wieder an die Belastungsgrenze und zum Teil darüber hinaus ging. Die zeitliche Beanspruchung ist einfach riesengross. Von daher gab es natürlich Momente, in denen ich ans Aufhören gedacht habe. Doch habe ich immer wieder die Motivation gefunden, meinen Teil zur Entwicklung des Sports in Liechtenstein beizutragen. Ein Hauptgrund dafür ist die gute und kameradschaftliche Zusammenarbeit mit dem langjährigen LOC-Team. Wie lange ich dieses Amt noch ausübe? Bis 2016 bin ich jedenfalls noch gewählt. (mw)

Persönlich
Leo Kranz, Jahrgang 1961, wohnt in Nendeln ist verheiratet und Vater einer Tochter. Er ist selbstständiger Ingenieur. Als Sportler war er Teilnehmer im Windsurfen an den Kleinstaatenspielen in Zypern 1989, Malta 1993 und Island 1997 und Landesmeister. Seit über 30 Jahren ist er Sportfunktionär in verschiedenen Aufgaben, z. B als Präsident Surfclub, Leiter des Ressorts Sport bei den LieGames 1999, OK-Präsident bei den LieGames 2011. Seit 2000 ist er Präsident des LOSV bzw. jetzt des LOC.

Artikel: http://www.vaterland.li/importe/archiv/liewo/eine-medaille-waere-das-groesste-art-85857

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