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Die Verfassung von 1921

Der Weg zur Verfassung von 1921 war ein langer und steiniger. Die Verfassung garantierte dem Volk weitgehende direktdemokratische Mittel. Im wahrsten Sinne des Wortes erzwungen wurde die Verfassungsreform von Wilhelm Beck und Vertretern der Christlich-sozialen Volkspartei.

Es war ein diplomatischer Gewaltakt, der im Jahr 1921 das Fürstenhaus dazu veranlasste, in der Verfassungsfrage weitgehende Zugeständnisse gegenüber Volk und Landtag zu gewähren. Im Schatten der Demokratisierungsbewegungen nach dem Ersten Weltkrieg wurden auch hier Anleihen aus anderen Monarchien zu Rate gezogen. Die Konsequenz war schliesslich die Geburtsstunde der Volksinitiative und des Referendums in Liechtenstein.

Dabei waren die Protagonisten jene Vertreter der Christlich-sozialen Volkspartei und die Unterhändler des Fürstenhauses, allen voran der Landesverweser Dr. Josef Peer und Kabinettsrat Josef Martin. Mit der Drohung, dass es – sollten die Bedingungen nicht erfüllt werden – zur Gründung einer republikanischen Partei mit ca. 400 Mitgliedern kommen werde, waren die Volksparteiler erfolgreich und rangen dem Fürstenhaus so ziemlich jede Forderung nach einer Stärkung der Volksrechte ab. Die Fortschrittliche Bürgerpartei als Gegenspieler der Volkspartei fand in diesen Verhandlungen praktisch nicht statt. Sie kritisierte lediglich die Zugeständnisse. 

Was die Tradition gebietet

So wurde nun die Verfassung 1921 als Nachfolgerin der Verfassung 1862 in Kraft gesetzt. Die wichtigsten Errungenschaften waren neben der Stärkung der Volksrechte die Nationalisierung der Regierung und der Verwaltung – die führenden Köpfe sollen künftig aus Liechtenstein kommen – sowie die konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage und mehr Gemeindeautonomie. Aber es ist der Fürst mit seinem Veto- bzw. Sanktionsrecht gegenüber Gesetzen, die vom Volk und/oder vom Landtag beschlossen werden, der nach wie vor am längeren Hebel sitzt. In der Tradition dieser Verfassungsdebatte stehen diese zwei Parteien in Liechtenstein noch bis heute: Während die FBP bisher jeden Vorschlag des?Fürstenhauses vorbehaltlos unterstützte, gibt es in der Vaterländischen Union, der Nachfolgeorganisation der Volkspartei, die nach dem Zusammenschluss des Liechtensteiner Heimatdienstes entstanden war, nach wie vor Bestrebungen, die Volksrechte auszubauen. So waren es prominente Exponenten der VU, die auch im Jahr 2003 mit der «Volksinitiative für Verfassungsfrieden» versuchten, dem Fürstenhaus die Stirn zu bieten. Allerdings gab es auch damals Vertreter innerhalb der VU, die sich nicht gegen die Verfassungsvorschläge des Fürstenhauses wandten – im vorausschauenden Wissen, dass das Volk sich im Zweifelsfalle wohl zum Fürstenhaus bekennen wird. 

Diese Vorgänge rund um die Verfassungsabstimmung 2003 haben ihre Spuren hinterlassen zwischen den Fürstentreuen und jenen, die mehr Volksrechte fordern. Diese werden mit der aktuellen Volksinitiative «Ja – damit DEINE?Stimme zählt» nun wieder hervortreten. (mw)

Artikel: http://www.vaterland.li/importe/archiv/liewo/die-verfassung-von-1921-art-76943

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