Die Stimme des regionalen Laufsports
Den 29. Mai 2011 wird Robert Schumacher nie mehr vergessen, obwohl er sich kaum mehr an diesen Tag erinnern kann. Der Speaker des Gamperney-Berglaufs packt seine Utensilien im Zielraum und lädt sie in sein Auto ein. Die Sonne strahlt an diesem sonnigen Sonntagnachmittag. Der Lauf ist zu Ende und in wenigen Minuten wird er die Siegerehrung in Grabs vornehmen. Doch es sollte anders kommen. Auf dem Weg ins Tal stellte er sein Auto neben die Strasse: Statt bei der Siegerehrung endet sein Tag auf der Intensivstation in St. Gallen. «Von diesem Wochenende weiss ich nur noch unwesentliche Bruchstücke», erzählt der 59-jährige Lehrer. «Alles, was ich weiss, haben mir die Zeugen erzählt.»
Er lag von Sonntag bis Freitag im Koma. An den ersten beiden Tagen hatte Schumacher einen extrem geringen Blutdruck. Er rang in dieser Woche zweimal mit dem Tod. Es war ein Herzinfarkt, für den es bis heute keine schlüssige Erklärung gibt, war der leidenschaftliche Sportler doch davor immer gesund. Heute erinnert ihn an diesen Unfall nur noch die Narbe am Oberschenkel. «Durch den Defibrillator wurde mein rechter Oberschenkel verbrannt.» Diese Verletzung liess er während 60(!) Besuchen im Reha-Zentrum in Seewies behandeln.
Die perfekte Reanimation
Robert Schumacher hatte seine Schutzengel. Denn wie es der Zufall wollte, kamen kurz nach dem Herzinfarkt Barbara und Roland Scherrer aus Gams an der Unfallstelle vorbei. Barbara ist Arztgehilfin und begleitete ihren Mann, der am Gamperney-Berglauf teilnahm. «Sie reanimierten mich eine halbe Stunde lang – bis die Rega und das Krankenauto eintrafen – und retteten mir so das Leben», ist Schumacher dankbar für seine zweite Chance, die er an jenem Tag erhalten hatte. «Wären sie nicht gewesen, sässe ich jetzt nicht hier.»
«Das wird ein ganz spezieller Lauf»
Dieses Jahr findet der Gamperney-Berglauf am Wochenende vom 19. und 20. Mai statt. Robert Schumacher wird dort wieder als Speaker die Läufer ankündigen und die Zeiten durchgeben. Für ihn ist klar, dass der erste Einsatz nach seinem Zusammenbruch ein ganz spezieller sein wird. «Ich freue mich, dass ich wieder dabei sein kann. Dennoch werde ich das Wochenende wohl sehr emotional erleben», ist sich der gebürtige Wartauer sicher. Besondere Freude empfindet er darüber, dass seine Lebensretter Barbara und Roland Scherrer an jenem Wochenende speziell geehrt werden. «Das wird sicher eine besondere Zeremonie. Auch meine Freunde vom Panflötenchor werden anwesend sein.»
Unfreiwillige Frühpensionierung
Die Ärzte rieten Robert Schumacher nach dem Herzinfarkt, das Leben ruhiger anzugehen. Er war über 30 Jahre lang Lehrer an der Oberschule. «Dabei hat man es nicht nur mit pflegeleichten Schülern zu tun. Die Ärzte schrieben den Infarkt meinem psychischen Stress zu.» Er war so gezwungen, die Arbeit, die er liebte, zwei Jahre vor seiner Frühpensionierung aufzugeben.
Den Kontakt mit seinen früheren Kollegen gab er dennoch bis heute nicht auf. «Ich freue mich immer, wenn wir montags im Restaurant Löwen in Schellenberg gemeinsam Mittagessen gehen. So verliere ich den Kontakt zu meiner Schule nicht und bleibe auf dem Laufenden. Das ist mir schon wichtig», sagt der leidenschaftliche Lehrer, der gerne noch bis zu seiner Pensionierung die 8. und 9. Klassen der Oberschule Eschen betreut hätte. Jetzt mache er noch das, was er könne, ohne Hektik aufkommen zu lassen.
Speaker und Läufer mit Leib und Seele
Seine grossen Hobbies sind der Laufsport und seine Panflöte. In beiden ist er ein Spätzünder. «Ich begann mit 19 Jahren zu laufen und meine erste Panflöte erhielt ich Ende der 70er-Jahre geschenkt. Damals war ‹Einsamer Hirte› von Gheorghe Zamfir oft im Radio zu hören. Das gefiel mir sehr» In beiden Hobbies brachte er es relativ weit. So wurde er 1972 mit dem LC Brühl in der 3x1000-Meter-Staffel Schweizer Meister. Viele Speaker, die er erlebte, hätten zwar gute Stimmen, aber keine Ahnung vom Laufsport gehabt. «Ich dachte mir: Das kann ich besser!» Gesagt, getan. So wurde er bei regionalen Anlässen zwischen Bodensee und Walensee der gefragteste Sprecher. Sein umgebauter Kinderwagen mit dem Mischpult und den Ergebnissen sind aus der Szene nicht mehr wegzudenken. «Bei 27 Austragungen des Gamperney-Berglaufs war ich 26-Mal der Speaker. Bis auf einmal war ich auch beim LGT-Alpin-Marathon und beim Städtlelauf dabei», freut sich die begeisterte und begeisternde Stimme des Laufsports. «Ich bin hier mit Freude dabei und merke, dass auch die Organisationskomitees und alle Beteiligten das Ganze nicht nur wegen des Geldes machen. Das gibt mir immer viel Kraft.» So lange er kann, möchte er dieser aufwendigen, aber befriedigenden Freizeitbeschäftigung nachgehen. Er selbst läuft ebenfalls noch regelmässig. Die Bewegung tut ihm gut. «Ausserdem sagen die Ärzte, ich soll mich bewegen.»
Panflöten-Pionier in Liechtenstein
Nach seiner Ankunft in Liechtenstein im Jahr 1980 fand Schumacher, der in Buchs aufgewachsen war und zunächst in St. Gallen unterrichtete, schnell Anschluss. Er nahm, als er seine erste Panflöte geschenkt bekam, zunächst Stunden in Zürich. Sein Lehrer Jöri Murk riet ihm, doch selbst zu unterrichten. Ein Meilenstein gelang ihm dann 1981, als er den Liechtensteinischen Panflötenchor gründete und den Interessierten das Panflötespielen beibringen durfte. Seither hat der Chor über 200 Konzerte gespielt. Letztes Jahr feierte der Panflötenchor sein 30-jähriges Bestehen. Feierlich wurde am 16. September 2011 im Gemeindesaal von Mauren dieses Fest begangen. Unter anderem wurde das neue Album «Fly away little butterfly» vorgestellt. (mw)
Steckbrief
Name: Robert Schumacher
Wohnort: Schaan
Alter: 59
Beruf: Lehrer
Hobbys: Laufen, Panflöte spielen, Speakern
Leibspeise: Filet im Blätterteig mit Reis
Getränk: Rivella rot
TV-Vorliebe: Sport
Musik: Unterhaltung, volkstümlich
Lektüre: Zeitungen
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? beides
Ort: Gafadura-Hütte
Stärke: Geniessen
Schwäche: «wüsste ich nicht»
Motto: «Mein zweites Leben geniessen»
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«Liewo-Porträt»