«Die Preise geben mir viel Bestätigung»
Ein wohlig süsslicher Duft steigt einem beim Betreten der kleinen Bäckerei in der Groffeldstrasse in Buchs in die Nase, und die frischen Backwaren in den Regalen verlocken zum Kauf. Genau diese Atmosphäre dürfte jedem, der eine Bäckerei betritt, das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Wenn dann auch noch ein leidenschaftlicher Bäckermeister dahintersteht, der einen am Morgen mit einem Lächeln freundlich grüsst, steht einem guten Start in den Tag nichts mehr im Weg. Und dass in der Region grossartige Bäcker zu Hause sind, weiss Markus Schlegel nur allzu gut. «Natürlich gibt es Konkurrenz in der Region, doch ich denke, wir Bäcker haben ein gesundes Verhältnis untereinander», erklärt Markus Schlegel.
Vor fünf Jahren erhielt er die Chance, die Bäckerei an der Groffeldstrasse in Buchs zu übernehmen. «Das Haus ist schon seit über 100 Jahren in der Hand von Bäckern, und ich wollte diese Tradition fortführen.» So wagte Küss, wie er in der Region genannt wird, nach 25 Jahren Berufserfahrung als Bäcker den Schritt in die Selbstständigkeit.
Das Wissen weitergeben
Gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth startete er den Kleinbetrieb, in dem mittlerweile vier Angestellte ihre Brötchen verdienen – und backen. «Ausserdem bilde ich schon die zweite Lehrtocher aus. Es macht mir besonders viel Freude, das Wissen weiterzugeben.» Die zweite Lehrtochter wird im Sommer ihren Abschluss machen, dann wird wieder eine Lehrstelle frei.
Einen besonderen Anreiz für die Lehrlinge dürfte sein, dass die Produkte der Bäckerei, das Maggia-brot und die Mandelgipfel, an der Swiss Bakery Trophy 2012 eine Medaillenauszeichnung erhielten. Das Maggiabrot erhielt von der Fachjury gar eine Goldmedaille, die Mandelgipfel wurden mit der Silbermedaille ausgezeichnet. «Von über 1400 eingereichten Produkten erhielten nur 8 Prozent die Goldmedaille. Das macht mich schon stolz», erklärt der leidenschaftliche Bäcker-/Konditormeister. Dabei habe er zur Bewertung einfach jene zwei Produkte eingegeben, die bereits bei seinen Kunden Renner sind. «Und unsere Kunden wissen eben, was gut ist.» Nur 12 Medaillen konnten die Bäcker des Kantons St. Gallen ergattern – und davon gingen diese zwei in die Region an Küss und sein Team.
Ein guter Rhythmus ist entscheidend
Einige Bäcker produzieren extra für die Prämierung spezielle Kreationen. Bei Küss lief es anders: «Zum einjährigen Bestehen unseres Betriebes wollte ich ein spezielles Brot als Jubiläumsbrot backen. Ich entdeckte in einer Fachzeitschrift das Maggiabrot, das ich am Anfang eigentlich gar nicht lieb gewonnen hatte.» Der Teig nach dem vorgestellten Rezept war ihm nicht gut genug und er legte ihn erst einmal entnervt in die Kühlkammer. Als er einige Stunden später die Kammer wieder betrat, nahm er einen wunderbaren Duft wahr. Er feilte noch ein wenig an der Rezeptur, lässt den Teig nun immer bis zu 36 Stunden stehen, und es entstand das Brot, das letzten November die Goldmedaille holte. «Manchmal kommt man durch Zufall auf die besten Rezepte», schmunzelt der Bäcker, der nach wie vor gerne so früh am Morgen aufsteht.
«Langschläfer», die erst um halb sieben ins Büro müssen, fragen sich, wie das ein wohl Bäcker schafft. Ganz einfach: Er verschiebt den Tagesrhythmus und gewöhnt sich daran. «Dafür darf mich am Nachmittag, wenn die anderen am Arbeiten sind, niemand stören, weil ich dann meinen Schlaf nachhole», lächelt Küss. Dennoch sei die ungewöhnliche Tageszeit für viele ein Grund, den Beruf nicht zu erlernen. So sei auch ein Mangel an guten Fachkräften zu beklagen.
«Für mich ist mein Beruf nach all den Jahren immer noch eine Erfüllung und es macht mir Spass, früh morgens aufzustehen und für meine Kunden in der Backstube das Beste zu geben. Preise wie die Swiss Bakery Trophy, die nur alle zwei Jahre vergeben werden, motivieren natürlich zusätzlich. Eine solche Goldmedaille ist wie ein Oscar für uns.» Die Bäckerei steht auf einem soliden Fundament aus Stammkunden und Lieferaufträgen. «Diese Zuckerweggli zum Beispiel darf ich für die Schüler des Oberstufenzentrums um die Ecke backen», sagt der Chef und schiebt die Backbleche in den Ofen.
Kundennähe als Erfolgsrezept
In der Feinbäckerei wird grossen Wert auf Handarbeit und von Grund auf selbst hergestellte Produkte gelegt. «Ich weiss wenigstens, was ich den Kundinnen und Kunden verkaufe und kann auch dahinterstehen, wenn ich nur gut gereifte Teige in der Backstube weiterverarbeite. Im Gegensatz zu den Grossverteilern haben wir den Vorteil, die Kundenrückmeldungen persönlich abholen zu können.» «Gerade an den Wochenmärkten in Schaan und Buchs geniessen wir es, mit unseren Kundinnen und Kunden zu sprechen und zu erfahren, was sie an unseren Produkten schätzen und was wir noch besser machen können», so Elisabeth Schlegel, denn ein paar freundliche Worte oder ein Schwatz gehören eben auch dazu.
Geselligkeit als Ausgleich
Der Schritt in die Selbstständigkeit hatte aber nicht nur Vorteile. Als Kleinbetrieb müsse man in der Backstube mehr Zeit investieren. So musste er auch bei seinem Hobby, dem Turnen, kürzertreten. «Dennoch bin ich nicht die Sorte von Bäckern, die sich zu reinen Nachtmenschen entwickeln. Ich versuche, einmal wöchentlich zum Ausgleich in die Männerriege zu gehen, Bewegung zu bekommen und geniesse auch das Bier nach dem Training sehr.»
Küss war während sechs Jahren sogar Präsident des Turnvereins und er weiss, dass einem Geselligkeit sehr viel Lebensqualität gibt. Auch wenn er ein paar Stunden nach dem Training und dem wohlverdienten Bierchen mit seinen Turnkameraden schon wieder in der Backstube stehen muss, um seine preisgekrönten Backwaren herzustellen – welche die Backstube und das Ladenlokal mit jenem Duft erfüllen, der den Start in den neuen Tag versüsst.
Steckbrief
Name: Markus «Küss» Schlegel
Wohnort: Grabs
Alter: 50
Beruf: Eidg. dipl. Bäcker und Konditor
Hobby: Turnen
TV-Vorliebe: «Fernsehschlafen»
Musik: Schlager
Lektüre: Tageszeitungen und Fachzeitschriften
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Sommer
Ort: Zu Hause
Stärke: «Ich bin nie zufrieden.»
Schwäche: Tunnelblick
Kontakt: www.kuess.ch
Schlagwörter
-
«Liewo-Porträt»