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Der Most erlebt eine Renaissance

Am kommenden Samstag feiert die Mostereigenossenschaft Schellenberg ihr 120-jähriges Bestehen. Die Schellenberger sind stolz darauf, dass ihre Mosterei bis heute als Kulturgut erhalten blieb. Das «Mostfäscht» ist nicht zuletzt ein Dank an alle Mostliebhaber und die Förderer der letzten Jahre.

Herr Lampert, wie sieht das optimale Verhältnis zwischen Äpfeln und Birnen in einem guten Apfelmost aus?
Walter Lampert: Das ist reine Geschmacksache. Während man früher noch des Öfteren eine Mischung aus 2/3 Äpfeln und 1/3 Birnen verwendete, ist heute der reine Apfelmost gefragter. Es hängt auch immer davon ab, um welche Apfelart es sich handelt. Daher ist die Frage pauschal schwer zu beantworten.

Welchen Stellenwert hat eine kleine Mosterei heutzutage noch?
Natürlich kann man hier von einem Kleinod sprechen. Während die Mosterei Schellenberg in der Vergangenheit noch 70 000 Liter Most pro Jahr produzierte, befinden wir uns aktuell bei ca. 25 000 bis 30 000 Litern. Eine Tendenz zu einer höheren Nachfrage ist allerdings spürbar.

Wie erklären sich diese Schwankungen?
Es gab einige Jahrzehnte, in denen die Anzahl Obstbäume in der Region stark abnehmend war. Ausserdem war es vielen zu mühsam, ihr Obst einzusammeln und zur Mosterei zu fahren. Mittlerweile gibt es aber immer mehr Private, die ihr Obst wieder zum Mosten verwenden. Übrigens nicht nur Äpfel: Auch die Verarbeitung von Trauben ist bei uns gefragt. Denn es ist qualitativ ein grosser Unterschied zwischen dem eigenen, naturbelassenen Most und dem der grossen Firmen, den man im Laden kauft.

Kann man von einer Renaissance von Obstbäumen sprechen?
 Ich denke schon. Das nützt auch nicht nur den Mostereien und anderen Obstverarbeitern, sondern beispielsweise auch dem Imkerwesen. Die verschiedenen Vereine sind hier in der Region sehr aktiv, was natürlich löblich ist. Gerade die Diskussionen um das Schwinden der Bienenvölker und die damit verbundenen Gefahren haben hier viel gebracht. An unserem Beispiel in Schellenberg, wo wir vor einigen Jahren gemeinsam mit dem Imkerverein und dem Verein Liechtensteiner Edelbrand eine neue Obstbaumwiese realisieren konnten, zeigt, dass man mit ein wenig Mitdenken und Zusammenarbeiten viel erreichen kann. 

Der Trend zur Regionalität in Zeiten der Globalisierung wird sicher auch seinen Beitrag zu einem verstärkten Bewusstsein zu solchen Themen leisten.
 So ist es. Die Menschen schätzen immer mehr die Produkte, die direkt «um die Ecke» produziert werden. Die Mosterei selbst hat in den letzten Jahren auch begonnen, den produzierten Most im Dorfladen in Schellenberg zu verkaufen. Er fand hier reissenden Absatz.

Und warum kann man den Schellenberger Most nur in Schellenberg kaufen? Ist das nicht etwas zu eng gefasst?
 Das dachten wir uns auch. Aber zunächst muss man immer testen, wie gut ein Produkt ankommt. Es gibt in der Genossenschaft mittlerweile Überlegungen, das Verkaufsgebiet auszudehnen. Das Wichtigste ist, dass wir das verarbeitete Obst aus der Region beziehen. Wir produzieren ihn unter dem Label «Natürlig vo do», worauf wir sehr stolz sind.

Wie ist die Genossenschaft organisiert?
Seit Beginn vor 120 Jahren gibt es zehn Genossenschafter. Das hat sich nicht geändert. Bei der Ausrichtung wird darauf geachtet, dass wir kostendeckend produzieren können. Ein grosser Vorteil für uns ist, dass die Gemeinde Schellenberg ebenfalls Genossenschafterin ist. So hilft sie uns bei Anlassfällen, wenn beispielsweise grössere Renovierungsarbeiten vorgenommen werden müssen. Man muss dabei beachten, dass in den letzten Jahren vieles überreglementiert wurde und man deshalb grosse Investitionen tätigen musste, die man sich aus eigener Kraft wohl nicht hätte leisten können. Deshalb darf die Genossenschaft der Gemeinde sehr dankbar sein.

Wie verhält es sich mit der Konkurrenz in der Region?
 Während es in Werdenberg noch relativ viele Mostereien gibt, haben wir in Liechtenstein nur noch zwei Private, in Eschen und in Triesen. Ich denke, dass man sich hier gegenseitig nicht allzu sehr im Weg steht, sondern einander eher ergänzt.

Am kommenden Samstag feiert Ihre Genossenschaft das 120-jährige Bestehen. Was erwartet die Gäste?
Wir werden ab 14 Uhr unsere Mostpresse der Öffentlichkeit präsentieren. Dabei werden wir einen Most aus sortenreinem Obst produzieren. Dder Imkerverein präsentiert die Rolle der Bienen und es gibt die Möglichkeit, Schellenberger Honig zu degustieren. Umrahmt wird das Ganze vom Programm in unserem Festzelt auf den Parkplatz vor der Mosterei. Musikalische Beiträge von Carmen Wyler, Antonella Hasler sowie der Jugendmusik und des Musikvereins Cäcilia sorgen für Festlaune. Auch für die Verpflegung ist gesorgt ? natürlich vorwiegend mit regionalen Produkten. 

Sind denn nur  Schellenberger eingeladen?
Nein. Die Schellenberger haben zwar eine Extraeinladung per Post bekommen. Doch es sind alle Interessierten weltweit einge­laden (lacht). (mw)

Persönlich
Der Schellenberger Transportunternehmer Walter Lampert, Jahrgang 1954, ist OK-Präsident des  Schellenberger «Mostfäschts». Ausserdem ist er Präsident des Musikvereins Cäcilia Schellenberg. Die Mosterei ist seit Anfang September geöffnet, Anmeldungen nimmt Helmut Schwendinger, Tel. 079 701 18 76, gerne entgegen. Den Höhepunkt der heurigen Mostsaison bildet das «Mostfäscht», welches am Samstag, 21. September, ab 14 Uhr aus Anlass des 120-Jahre-Jubiläums der Mostereigenossenschaft Schellenberg durchgeführt wird.

 

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