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Das Energiebündel mit Kämpferqualitäten

Olympiamedaillengewinner, Welt- und Europameister geben beim BMC Racing Cup an diesem Wochenende in Schaan auf ihren Mountainbikes Vollgas. Mitten unter ihnen ist die amtierende Schweizer Meisterin Sarah Koba aus Buchs, die trotz Verletzung an den Start geht.

Mountainbikesport ist nichts für Schwache und Gebrechliche ? soviel ist klar. Besonders eindrücklich sieht man das am Aushängeschild der Region, Sarah Koba. Sie wirkt zierlich mit ihren 1,61 m Körpergrösse. Doch dass sie hart im Nehmen ist, merkt man, wenn man sich ein wenig mit ihrer Karriere auseinandersetzt: Gehirnerschütterungen, Prellungen, Schürfungen und Schnitte sind bei dieser Sportart nach Stürzen an der Tagesordnung. Sarah Koba lässt es sich aber nicht nehmen, den Angriff auf die Weltspitze fortzusetzen. Und wenn sie von ihren Rückschlägen erzählt, sieht man in ihren Augen das Feuer und die Leidenschaft, die sie dazu antreiben, immer wieder aufzustehen, auf die Zähne zu beissen und Topleistungen abzuliefern. Hinter der vermeintlich schmächtigen jungen Dame steckt eine wahre Powerfrau, die sich dem Sport und der Geschwindigkeit verschrieben hat. Und dies, obwohl sie als Kind nach eigenen Angaben «sehr unsportlich» war.

Von der Ballerina zur Beisserin

«Meine Mutter bestand immer darauf, dass ich mir eine Beschäftigung neben der Schule suche, einen Ausgleich finde», erzählt Sarah Koba. Deshalb ging sie ins Ballett. «Sieben Jahre lang war ich dabei, ehe ich in die Pubertät kam und die Ballerinas an den Nagel hängte.» Dass ihr Vater aktiver Velofahrer war und ein Radgeschäft führte, legte natürlich eine Bikerkarriere nahe. Auch ihr Freundeskreis pushte sie, sich vermehrt auf den Drahtesel zu setzen. Im internationalen Vergleich startete sie so mit 14 Jahren recht spät in den Sport, dem sie nun ihr Leben verschrieben hat.
Ihre ersten Rennen fuhr sie spasseshalber und gab zunächst nicht viel darauf, Erfolge einzufahren. Der Spass stand im Zentrum. Doch mit jedem Rennen stieg der Ehrgeiz und der Wille, nicht einfach nur mitzufahren, sondern endlich etwas zu erreichen. «Durch technische Defizite landete ich so manches Mal im Samariterzelt», schmunzelt sie. Doch das Ganze wurde von Tag zu Tag professioneller und die Lebenseinstellung änderte sich kontinuierlich, «bis es am Ende nicht mehr viel gab ausser der Lehre, der Arbeit und dem Training», erinnert sich die Buchserin. Sie hatte sich für einen bescheidenen und arbeitsintensiven Lebensstil entschieden ? und bereute es nicht.

Die Einzelkämpferin, die nicht gern allein ist

Ihr war von Anfang an klar, was sie dabei opferte: Das tägliche Training und die Wettkämpfe am Wochenende bedeuteten, dass Ausgang und andere Vergnügungen nur noch die Ausnahme sind. «Doch das wollte ich auch nie: Mich bei der Arbeit durch die Woche zu quälen, um am Wochenende die Sau rauszulassen ? das wäre sowieso nicht mein Ding», erklärt die 28-jährige Mountainbikerin. Die richtige Ernährung, das Sich-Auseinandersetzen mit sich selbst und das Training entsprachen eher dem Naturell der Kämpferin. So ist für sie auch jedes Training ein Kampf für und gegen sich selbst ? besonders wenn es einmal nicht so läuft, wie sie es sich vorstellt.
Wer jetzt aber glaubt, dass Sarah Koba ein Einsiedlerdasein lebt, irrt. «Auf der Piste bin ich alleine unterwegs, doch ich brauche den Halt meines Umfeldes, meines Teams mehr als viele andere.» Im Jahr 2009 entschied sie sich, den Trainer zu wechseln und ihr eigenes Team aufzubauen. «Es war wichtig, dass ich mich emanzipieren konnte und mein Training mitgestalten kann», schildert die Vollblutsportlerin die Entscheidung aus sportlicher Sicht. «Damit bin ich bisher sehr gut gefahren». Mit dem Schweizer-Meister-Titel bei den Elite-Frauen im letzten Sommer konnte sie in ihrer Karriere einen weiteren Meilenstein setzen.

Verletzung relativiert die perfekte Vorbereitung

So lebt sie, neben ihrer Teilzeitarbeit beim renommierten Architekturbüro Berger + Partner, vorwiegend in ihrer neuen Sportfamilie, die genau weiss, wie Sarah Koba tickt. «Manchmal brauche ich den Zuspruch, wenns nicht läuft ? und meine Leute wissen auch, wann ich einfach einmal Zeit für mich brauche.» So geht die Mountainbikerin derzeit durch eine turbulente Phase ihrer Karriere. Nach einem optimalen dreiwöchigen Trainingslager in Südafrika fühlte sie sich wohl und stand in den Startlöchern, um einmal mehr anzugreifen. «Wir haben so viel und so hart trainiert wie noch nie.»
Drei Stürze beim Vorbereitungsrennen auf Zypern haben sie aber zurückgeworfen. Aufgrund einer Entzündung im Rücken musste sie eine Rennteilnahme am vergangenen Wochenende absagen. Dabei ist natürlich auch das feuchtkalte Wetter der letzten Woche Gift für Sarah Kobas Rücken. «Doch es geht langsam, aber sicher immer besser und ich hoffe, dass ich beim Heimrennen in Schaan Vollgas geben kann», freut sie sich darauf, heute, um 12 Uhr, beim BMC Racing Cup trotz Handicap in die Saison zu starten. «Ich bin überzeugt, dass nichts ohne Grund passiert und dass sogar diese Verletzung für etwas gut ist.»

Wenig Geld ? viel Respekt

Die Konkurrenz ist stark im Mountainbikesport. Und es gibt Konkurrentinnen, die es wesentlich einfacher haben als Sarah Koba, die weiterhin auf ihre wenigen, aber treuen Sponsoren sowie ihre Teilzeitbeschäftigung angewiesen ist, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. In anderen Nationen herrsche hier eine wesentlich stärkere Sportförderung durch den Staat, zum Beispiel die Sportstipendien durch das Bundesheer in Österreich. «Auf der einen Seite schätzt man diejenigen Erfolge umso mehr, die man sich selbst erarbeiten muss. Der Sport wird somit umso ehrlicher, je weniger man ihn wegen des Geldes betreibt», gewinnt Sarah Koba ihrer schwierigeren Ausgangslage etwas Gutes ab.
Sie fühlt sich durchwegs wohl in der Mountainbikeszene. «Es ist wie eine kleine Formel 1», erklärt sie. Besonders beeindruckt ist sie von der gegenseitigen Wertschätzung der Athleten und Teammitglieder. «Als ein Mechaniker der Nationalmannschaft verstarb, standen praktisch alle aus dem Weltcupzirkus bei ihm am Grab. Sie fuhren zum Teil 14 Stunden, um ihm für eine Stunde die letzte Ehre zu erweisen. Das hat mich sehr bewegt.»

«Ich schliesse die Lücken»

Trotz grossem Respekt abseits der Piste schenkt man sich im Ernstkampf nichts: Die Rennen, die mit einem Massenstart beginnen, finden auf einem Rundkurs statt, und wer zuerst die Ziellinie passiert, gewinnt das Rennen. Bei technischen Defekten und Problemen stehen zwei technische Zonen zur Verfügung, um mithilfe von «Boxenstopps» das Fahrgerät wieder rennfähig zu machen.
Dabei ist es sehr wichtig, eine gute Startposition zu haben, denn überholen ist auf den engen Strecken sehr schwierig. «Ich bin aufgrund der Startposition eher diejenige, die irgendwo mittendrin startet und dann die Lücken im Feld schliesst. Die Topplatzierten haben immer den Vorteil, dass sie sich vorneweg auf freier Bahn befinden», fasst Sarah Koba die Rennverläufe zusammen. Und immer öfter reicht es, trotz widriger Umstände, für absolute Topplatzierungen.

Das Leben nach dem Spitzensport

Die nächsten Ziele von Sarah Koba sind neben guten Platzierungen in nationalem Cup und Weltcup in diesem Jahr die Europameisterschaft am Gurten (Bern) und die Weltmeisterschaft in Südafrika, an der sie möglichst weit vorne mitmischen will. Ein Fernziel ist Olympia 2016 in Brasilien. «Und dann ist irgendwann das Ende absehbar, denn das Leben bietet noch viel mehr», weiss die Buchserin. Was sie genau erwartet? Da lässt sie sich überraschen, doch eines ist klar: «Ich bin ein Familienmensch und möchte eines Tages eine Familie gründen», erklärt sie. Und das, obwohl sie den richtigen Mann dafür noch nicht gefunden hat.
«Aufgrund des dicht gedrängten Terminkalenders ist es recht schwierig, sesshaft zu sein und einen Freundeskreis ausserhalb der Bikerszene zu pflegen», begründet die hübsche Sarah Koba ihr Single-Dasein. Doch wenn sie eines Tages ihr Bike an den Nagel hängen wird, ist sie überzeugt, dass sie den Richtigen finden wird. Dann muss es ein Mann sein, der mit einer starken, selbstbewussten Frau klarkommt, die ganz genau weiss, was sie will. (mw)

Steckbrief
Name: Sarah Koba
Wohnort: Buchs
Alter: 28
Beruf: KV-Angestellte und Mountainbikerin
Team: JB Felt
Zivilstand: ledig (Single)
Hobbys: Skitouren, Langlaufen, Shoppen, Musik
Leibspeise: Italienische Küche
Getränk: Kaffee («süchtig»)
TV-Vorliebe: Sport, gute Filme
Musik: «Der Stil variiert je nach Stimmung, aber Musik ist immer dabei.»
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Sommer
Ort: Gardasee
Stärke: Zielstrebigkeit
Schwäche: «Manchmal bin ich zu hart zu mir selbst.»
Grösste Erfolge: Schweizer Meisterin Elite Frauen 2012, U23-Europameisterin 2006, U23-Schweizer-Meisterin 2006, Dritte an der U23-WM 2006, Juniorinnen-Schweizer-Meisterin 2002
Was auf meinem Grabstein stehen soll: «Gläbt hät sie!»
Weitere Infos auf der Homepage: www.sarahkoba.com

 

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