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Aktiv gestalten, statt gezwungen zu werden

Seit 1. April ist Claire Simon Geschäftsführerin der Cipra International. Im Sinne der Nachhaltigkeit plädiert sie für einen aktiven Umgang mit anstehenden Herausforderungen: «Wenn wir erst handeln, wenn Probleme akut sind, haben wir eine Chance vertan.»

Frau Simon, Sie beerben nach einem Jahr Bruno Walder als Geschäftsführerin der Cipra. War das eine Palastrevolution?

Claire Simon: Ich würde nicht von einer Palastrevolution sprechen. Denn zum einen haben sich die Ziele der Cipra nicht geändert, und zum anderen hat die Trennung von Bruno Walder in gemeinsamem Einvernehmen stattgefunden. Bruno Walder hat unsere Organisation mit seinem Wissen und seinen Fachkenntnissen bereichert. Allerdings hatten wir unterschiedliche Auffassungen, was die Art der Führung der Cipra angeht. Das ist alles.

Wie ist denn die Cipra geführt?

Die Cipra International versteht sich als eine lernende Organisation mit flachen Strukturen. Das bedeutet, dass unsere Mitarbeiterinnen Themen initiieren, aufbereiten und aktiv ausgestalten. Streng hierarchische Arbeitsabläufe würden dem kontraproduktiv entgegenwirken.

Inwiefern werden sich unter Ihrer Führung nun die Themen der Cipra ändern?

Wie gesagt, ich finde, dass Bruno Walder einen guten inhaltlichen Job gemacht hat. Der Weg der Cipra wird sich nicht grundsätzlich ändern. Wir setzen uns nach wie vor für Themen der Nachhaltigkeit ein. Natürlich gibt es von Jahr zu Jahr verschiedene Schwerpunkte, die es zu setzen gilt.

Welche Schwerpunkte sind es aktuell?

Klima und Energie, Vernetzung von Lebensräumen und vor allem die Arbeit mit Jugendlichen zu Nachhaltigkeitsthemen werden uns in dieser Zeit weiter beschäftigen.

Können Sie Beispiele nennen, wie die Arbeit mit den Jugendlichen abläuft?

In der ganzen Alpenregion arbeiten wir hier auch im Rahmen des EU-Programms «Jugend in Aktion» mit den Jugendparlament zur Alpenkonvention. Wir verschaffen den Anliegen der Jugendlichen bei diesem Projekt Gehör nach aussen. Sei es durch Publikationen in unseren Medien oder indem wir ihnen den Zugang zu Politikern ermöglichen, mit denen sie sich austauschen können. So können beide Seiten profitieren: Die Politiker lernen, welche Schwerpunkte die Jugendlichen setzen wollen und die Jugendlichen lernen, wie es in der Politik zu- und hergeht.

Dabei handelt es sich aber zum Teil um «schwer verdauliche» Themen. Steigen da die Jugendlichen nicht aus, weil es zu kompliziert ist?

Im Gegenteil: Unsere Erfahrung zeigt, dass sich die Jugendlichen sehr für diese Themen interessieren. Denn zum einen geht es nicht zuletzt um die Welt, in der sie in Zukunft leben, und zum anderen werden sie motiviert, wenn sie sich einbringen können und ernst genommen werden.

Gibt es ein konkretes Erfolgserlebnis der Cipra auf internationalem Parkett in jüngster Zeit?

Hier ist vor allem unser Wirken bei der «Energieplattform» der Alpenkonvention zu nennen. Wir haben dafür gesorgt, dass auch das Thema Energiesparen in die Agenda aufgenommen wird. Das hätte man sonst von politischer Seite aus vergessen.

Energiesparen klingt nach Verzicht. Kommt das bei der Bevölkerung wohl gut an?

Energiesparen ist ein wichtiges Thema, wenn wir über Nachhaltigkeit diskutieren. Es ist mittlerweile nichts Neues mehr, dass die Gewinnung von erneuerbaren Energien nicht den gesamten Energiebedarf decken kann. Ob es gut ankommt oder nicht: Es ist eine Tatsache, dass wir nicht nachhaltig leben können, ohne beim Verbrauch anzusetzen, da hier das grösste Sparpotential liegt.

Was sind in der Region die nennenswertesten Projekte, welche die Cipra in Angriff genommen hat?

Unser tägliches Geschäft ist die Aufarbeitung und Vermittlung von Informationen rund um unsere Kernthemen. Das bindet viele Ressourcen und ist wertvolle Arbeit, die viel zum Gelingen von nachhaltigen Lebensweisen beiträgt. Wir unterstützen Politiker und Unternehmen in der Umsetzung von Projekten. Unter anderem waren wir massgeblich an der Mobilitätswoche bei der Hilti AG beteiligt. Wir brachten verschiedene Partner an einen Tisch, erarbeiteten zusammen Pilotaktionen zum Thema Pendlermobilität und unterstützten den Mobilitätsverantwortlichen bei Hilti bei der Umsetzung. Diese Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema werden wir auf verschiedenen Ebenen weiterführen.

Stichwort Verkehr und Energie: Ist der Leidensdruck bei uns nicht zu niedrig, um etwas an der Situation zu ändern?

Ein Stück weit müssen die Menschen sicher noch nicht allzu sehr auf lieb gewonnene Gewohnheiten verzichten. Das stimmt. Allerdings ist es meine feste Überzeugung, dass wir hier handeln sollten, bevor das System kollabiert. Und bei uns in den Alpen, wo immer noch ein grosser Wohlstand herrscht, können wir in diesen Themen Vorreiter sein. Wenn man sehenden Auges auf den Kollaps zuläuft, dann vertut man diese grosse Chance, die Probleme zu lösen, bevor der Leidensdruck unerträglich wird. Jetzt können wir noch agieren und unsere Zukunft mitgestalten und steuern, in welche Richtung es gehen soll. Zu einem späteren Zeitpunkt handelt man nur noch aus der Not heraus. Erfahrungsgemäss sind die gröbsten Zwecklösungen jedoch nicht immer die effizientesten ? ganz zu schweigen davon, dass sie selten nachhaltig sind.

Welche Projekte kann man im Bereich Verkehr Interessierten empfehlen, sich näher anzuschauen?

Da gibt es zum einen das Projekt Alpstar: 13 Partner aus dem Alpenraum, darunter auch die Pilotregion Vorarlberg-Liechtenstein-St.Gallen, zeigen Wege auf, wie der CO2-Ausstoss erheblich reduziert werden kann. Doch nicht nur das, auch die aktuellen, brisanten Verkehrsprobleme werden diskutiert, analysiert und visionären Lösungen zugeführt. Eine sehr spannende Angelegenheit. (mw)

Persönlich
Claire Simon, 35 Jahre alt, ist Geschäftsführerin der Cipra International in Schaan. Simon war seit 2006 stellvertretende Geschäftsführerin bei Cipra International und wirkte davor von 2004 bis 2006 als Geschäftsführerin von Cipra Frankreich. Die Tochter eines deutschen Vaters, der im österreichischen Graz aufgewachsen ist, und einer französischen Mutter vereint sie sprachlich mit zwei Regionen des Cipra-Gebiets, das neben Frankreich, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und Italien auch Slowenien umfasst. Claire Simon ist Mutter zweier Kinder. Weitere Infos: www.cipra.org

 

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