Von Dorforiginalen und Namensbedeutungen
Zwar sind wir Drachen sehr geduldig. Beleidigungen stossen uns jedoch sehr sauer auf. Vor allem, wenn der Name unseres fabelhaften Wesens missbraucht wird.
Der Seppli Leu nannte sich selbst so, weil er gelegentlich böse werden konnte wie ein Leu, altertümlich für Löwe. Seine besondere Eigenart war, dass er fast immer einen Holzkarren zog, und er behauptete, man könne so besser gehen als ohne Karren. Als er einmal gefragt wurde, wohin er mit dem Karren gehe, war die Antwort: «Rössli ka ned schwätza.» Bei seinem Haus auf dem Lett wuchsen die Äste von zwei Bäumen über die Strasse, sodass sie den Verkehr behinderten. Als zwei Polizisten kamen und von ihm verlangten, dass er die Äste absägt, empfing der Seppli Leu die beiden Beamten mit der Axt. So blieb den Polizisten nichts übrig, als zu einem Zeitpunkt auf die Bäume zu steigen, als Seppli Leu wieder mit seinem Karren unterwegs war.
Als der Seppli Leu einmal ins Wirtshaus eintraf, rief er laut: «Platz da, der Leu und der Track – veraltet für Drache – konnt.» «Das war nicht sehr galant, denn mit dem Drachen war seine Frau gemeint», schreibt Otto Seger in seinem Vaduzer Heimatbuch. Von uns Drachen ist dort aber kein einziges Wort erwähnt! Auch keine Entschuldigung – schliesslich ist es nicht sehr schön, wenn die eigene Gattung als Schimpfwort verwendet wird. Und schon gar nicht, wenn sich das Schimpfwort einbürgert. Ich habe soeben in der Rechenhexe nachgeschaut – so nennen wir Drachen das Internet – und auch dort wird der Drache noch heute als «böse, zänkische Frau» erklärt. Ich meine, für die Frauen ist das ja ein Kompliment – Drachen sind nämlich sehr schöne Wesen. Meine Mama gewann sogar mal einen Schönheits-Echsen-Wettbewerb! Aber böse und zänkisch, das passt einfach nicht. Weder für Drachen noch für Frauen! (bfs)
Drago in den Jahren 1712 - 2012
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300 Jahre Oberland mit Drago