Mehr als nur gefaucht

Tja, ich bin halt ein kulturell gebildeter Drache, ein echtes Unikat. Wobei ich zugeben muss, dass ich meine schöne Stimme nicht in die Wiege gelegt bekommen habe. Meine Drachenmutti hat immer gesagt, dass ich als Kind wie ein kaputter Auspuff gefaucht hätte. Aber diese Zeiten sind – Drache sei dank – vorbei. Heute fauche ich meisterlich. Und das sogar drei Oktaven rauf und runter.

Zu verdanken habe ich diesen Umstand dem Jahre 1963, als sich der Musikrat am 8. Februar aus Anlass der konstituierenden Sitzung zur Gründung der Liechtensteinischen Musikschule traf. Damals wurde der Grundstein für etwas gelegt, was heute aus der Bildungslandschaft des Landes nicht mehr weg zu denken ist. Über 2500 Schüler nutzen das vielfältige musikpädagogische Angebot und sind Beweis dafür, dass Liechtenstein ohne Musik um vieles ärmer wäre.

Ich muss zugeben, dass mein Gesangslehrer nicht immer eine Freude mit mir hatte. Vor allem zu Beginn erschien es mir sinnlos, die trockenen Übungen gewissenhaft durch zu führen. Ich habe einfach nicht verstanden, was mir die drachennervtötenden «As», «Os» und «Us» bringen sollten. Und meine Drachenkollegen fanden es auch komisch, wenn ich meine Gesangsübungen während unserer Rundflüge absolvierte. Aber nach einer gewissen Zeit, merkte auch ich, dass sich etwas verändert hatte.

Das Beste an meiner Gesangsausbildung waren jedoch die seltenen Gelegenheiten, bei denen ich gemeinsam mit anderen Gesangsschülern singen durfte. Wie viel Spass das Singen in Gruppen machte! Hätte ich damals meine Kollegen für das Singen begeistern können, hätte ich meinen eigenen Drachenchor gegründet. Aber irgendwie wollten sie alle nicht singen, fanden es «uncool» oder nicht drachentauglich. Tja, so bleibt mir nichts anderes übrig, als allein in meiner Drachenhöhle zu singen. Und wenn ich da so sitze und vor mich hinfauche, denke ich oft an meinen Gesangslehrer zurück. Ob er immer noch versucht, fauchende Drachen zu Startenören auszubilden? (ehu)

Drago im Jahr 1963