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Jüdische Vergangenheit und Gegenwart

Am vergangenen Mittwochabend wurde im Küefer-Martis-Huus in Ruggell die höchst spannende und hervorragend gestaltete Ausstellung «Zuflucht auf Raten ? Liechtenstein und die Juden» feierlich eröffnet.

Ruggell. – Im Beisein von Erbprinz Alois und viel politischer und künstlerischer Prominenz, auch aus dem benachbarten Hohenems mit seiner ganz speziellen Beziehung zu jüdischen Themen, durfte Johannes Inama, Leiter des Küefer-Martis-Huus, dem zahlreich erschienenen Publikum eine Ausstellung präsentieren, die mit Sicherheit als historisch in die Geschichte Liechtensteins eingehen wird. In Kooperation mit dem Verein der Liechtensteiner Freunde von Yad Vashem und dem Jüdischen Museum Hohenems hat Inama kulturelle Pionierarbeit geleistet, tatkräftig unterstützt von vielen Menschen, denen eine Aufarbeitung und öffentliche Diskussion des Themas Judentum und Liechtenstein sehr am Herzen liegt. Allen voran Fritz Baum, der vor zwei Jahren zu dieser Ausstellung anregte, intensiv an den Recherchearbeiten beteiligt war und auch in einem Videointerview zu seiner persönlichen Geschichte zu Wort kommt.

Zuflucht auf Zinsen


Es war eine Eröffnung der vielen Reden, doch selten sind Reden so spannend und würdig, wie sie es an diesem Abend waren. Es sprach der Präsident der Liechtensteiner Freunde von Yad Vashem, Markus Büchel, und es sprach der eigens aus Berlin angereiste, für die deutschsprachigen Länder zuständige Direktor von Yad Vashem, Arik Rav-on. Peter Geiger vom Liechtenstein Institut teilte in seiner Rede die Geschichte der jüdischen Präsenz in Liechtenstein in 8 Hauptphasen ein, wobei er auf die in der Ausstellung am stärksten präsente Phase während der NS-Zeit besonders einging, aber auch die Gegenwart, die Phase der Integration und der bewussten Aufarbeitung, als sehr bedeutsam hervorhob. Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, sprach unverblümt aus, was einfach klar gesagt werden muss: «Die Zuflucht auf Raten» könnte auch in «Zuflucht auf Zinsen» umbenannt werden, denn die Zuflucht fand immer zu speziellen Bedingungen, immer gegen Geld und auf jederzeit möglichen Widerruf statt. Die ökonomischen Interessen standen schon in den Schutzbriefen des 17. Jahrhunderts mehr im Vordergrund als die humanitären.

Mehr als Vergangenheitsbewältigung

Alle Redner wiesen explizit darauf hin, dass es nicht nur eine jüdische Geschichte, sondern auch eine jüdische Gegenwart gibt. Hanno Loewy spekulierte, dass diese bemerkenswerte und wichtige Ausstellung auch deshalb möglich geworden sei, weil man derzeit über vieles in Liechtenstein neu nachdenke, nicht nur über die Geschichte und die Gegenwart der Juden. Liechtenstein müsse sich in der aktuellen Phase neu erfinden und zum ersten Mal müsse das Land es selber tun. In diesem Sinne hoffe er, dass die Ausstellung nicht nur zur Vergangenheitsbewältigung diene, sondern auch als Inspirationsquelle, um über die heutige, globalisierte Gesellschaft nachzudenken. (aoe)

 

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