Hexenwahn
Das I-Phone ist also durchaus ein – wenn auch kleines – Fenster in die Welt, ähnlich wie der Fernseher, das Radio, die Zeitungen oder das Internet.
Als die Menschen in Liechtenstein vor 300 Jahren diese medialen Fenster noch nicht kannten, lebten sie in ihrer kleinen Welt und glaubten alles, was man ihnen mehr oder weniger glaubhaft erzählte. Kein Wunder war «Aberglaube» im 18. Jahrhundert weit verbreitet. Zwar wurden die Hexenprozesse im ausgehenden 17. Jahrhundert in Liechtenstein beendet, das änderte aber am vorherrschenden Denkmuster wenig. Die Menschen glaubten auch weiterhin, dass böse Blicke, Zauberei und der Teufel verantwortlich waren für ihre Not.
Auf meinen Reisen durch die Zeit besuchte ich kürzlich den Triesner Pfarrer Valentin von Kriss. Er war ein engagierter Gegner der Hexenverfolgung. Er wusste, dass es mehr braucht, als die Aufhebung von Urteilen, um das Denken der Menschen zu ändern. Trotz unzähliger Gespräche, Ermahnungen und guten Zuredens gelang es ihm nicht, die verkrusteten Denkmuster aufzubrechen.
Im Oberland, vor allem in Triesen, passierte zudem etwas Merkwürdiges. Während nach dem Ende der Hexenverfolgungen sehr oft auch die Nachkommen der als Hexen Verurteilten verachtet und ausgegrenzt wurden, war es im Liechtensteiner Oberland umgekehrt. Dort wurden vor allem die Täter – also die ehemaligen Kläger und Denunzianten – bestraft, indem sie und ihre Nachkommen als «Tobelhocker» bezeichnet und für alles Unheil verantwortlich gemacht wurden. Pfarrer Valentin konnte diesem Treiben nur kopfschüttelnd zusehen, denn die Denkmuster hatten sich nicht geändert. Die Nachkommen der ehemals Verfolgten schufen sich mit den einstigen Kläger und Denunzianten vielmehr selbst eine neue Art von «Hexen», die über Generationen bis ins 20. Jahrhundert ausgegrenzt wurden. (jak)
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