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Eine Zugfahrt - so schön und heimelig

Ein greller Pfiff erklingt und mit einer grossen Dampfwolke setzt sich die Lokomotive langsam in Bewegung.

Es ist der 24. Oktober 1872. Euer Korrespondent Drago meldet sich mit einer Live-Berichterstattung vom Schaaner Bahnhof. Heute wird die Bahnlinie Lindau-Nendeln-Schaan-Buchs eröffnet. Der Zug ist gerappelt voll – alle wollen die ersten Liechtensteiner Bahnfahrer sein. Ich halte meinen Kopf aus dem Fenster, der Fahrtwind bläst mir mit meinen Schnurrbart ins Gesicht und der Dampf umhüllt meinen Kopf. So schön wie hier ist es nur in meiner Drachenhöhle. Vor gerade einmal zwei Jahren willigte Liechtenstein in den Bau der Bahnlinie durch das Land ein. Es gibt zwar schon seit 1858 die Verbindung St. Gallen-Rorschach-Chur, doch in Liechtenstein mussten wir bis zum heutigen 24. Oktober warten.

Wenn ich mir vorstelle, dass noch um 1800 die Überquerung des Rheins nur mit den fünf Rheinfähren möglich war, zum Beispiel zwischen?Mäls und Trübbach oder dem Mühleholz und der Burgerau, dann ist diese Bahnfahrt ein echter Fortschritt. Aber es hat sich ja auch viel getan in diesen 72 Jahren.  Vor fünf Jahren, also 1867 habe ich noch gestaunt, was für tollkühne Männer die Holzbrücke in Bendern und Schaan über den unberechenbaren Lauf des Rheins bauten. Schon das war eine riesen Erleichterung für den Handel. Oder stellt euch nur vor, dass erst 1848 mit dem Bau von Strassen nach Triesenberg, Planken und Schellenberg begonnen wurde. Bis dahin hörte ich in meiner Drachenhöhle immer die schwer beladenen Knechte keuchen und fluchen, wenn sie die  schweren Waren den Berg hinauf oder hinab trugen.

Den Fortschritt hällt keiner auf. Aber für viele ist so eine Dampflok ein echtes Ungetüm. Jetzt haben ich immer so darauf geachtet, niemanden zu erschrecken und da rauscht so eine «Eisernes Pferd» durch die Landschaft. Auf den Feldern halten die Bauern mit der Erntearbeit staunend inne. Auch die Kühe müssen sich noch an dieses neue Verkehrsmittel gewöhnen. Erschrocken rennen sie vor dem Zug davon. Nach nur neun Minuten halten wir am Bahnhof in Nendeln. Doch hier will ich noch nicht aussteigen. Ich  bleibe am Fenster sitzen und fahre hinaus – von Schaan in die weite Welt. (jhr)

 

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