Politik weglassen oder draufhauen macht Spass
Gefeiert, geliebt, gehasst ? seit 20 Jahren machen Mathias Ospelt, Ingo Ospelt und Marco Schädler Kabarett in Liechtenstein. «s Benkli voräm Huus» feierte am 7. April 1994 im Estrich der Gampriner Alternativ-Kneipe Frohsinn Premiere. Ein Ende ist gottlob nicht in Sicht. Schon nächstes Jahr soll es ein neues Stück geben.
Liechtenstein wäre wohl auch Liechtenstein, wenn sich vor genau 20 Jahren, am 7. April 1994, die drei Herren Ospelt, Ospelt, Schädler im Restaurant Frohsinn in Gamprin nicht aufs Benkli voräm Huus gesetzt und ihre Heimat ordentlich durchgeschüttelt und aufs Korn genommen hätten. «Politisches Kabarett verändert eigentlich nichts», muss Mathias Ospelt eingestehen. Es war aber auch gar nie das Ziel, die Grundmauern einzureissen. Die Regierung ist die Regierung, der Landtag tagt wie vor 20 Jahren und der Fürst ist Fürst geblieben. «Zum Glück, denn wenn der grosse Umbruch von Anfang an unsere Antriebsfeder gewesen wäre, wären wir voll gescheitert.»
Legendäres LiGa-Trio
Den Ospelt-Brüdern Mathias und Ingo und dem «Bärger» Marco Schädler ging es vielmehr darum, Liechtensteins Grundpfeiler etwas ins Schwanken zu bringen. Mit dem Liechtensteiner Gabarett, kurz LiGa, hielten sie Land und Leute einen Spiegel vor, lachten über sich selbst, brachen Tabus, sangen, waren Liechtenstein-typisch und vor allem Liechtenstein-kritisch. Am Anfang wollten die zwei Brüder ? ein Schauspieler und ein Germanist ? drei gemeinsame Theaterabende, eine Art Liechtensteiner Trilogie, basierend auf satirischen Texten und Sketchen, durchführen. Zum Duo stiess der Triesenberger Musiker Marco Schädler und das legendäre LiGa-Trio war geboren.
Es tut einfach gut
Das Publikum ? Liechtensteinerinnen, wer sonst ? liebte die LiGa-Herren und schrie nach mehr. «Die Leute kamen und dankten uns», erinnert sich Mathias Ospelt. «Es war ihnen wichtig und uns machte es Spass.» Aus geplanten drei Abenden wurden 20 Jahre, 15 Programme und rund 250 Aufführungen und es sollen noch mehr werden. Im Vorwort zum Buch über das LiGa schreibt Mathias Ospelt: «Wir hatten mit unserem Liechtensteiner Gabarett eine verhärtete Stelle im weichen Gewebe unserer Heimat gefunden. Und wir merkten, dass das genüssliche Darauf-Herumdrücken durchaus therapeutische Wirkung hat.» Immer und immer wieder. Das LiGa und später die Produktionen von Ospelt-Ospelt-Schädler taten gut, auch wenn nicht immer alle Zuschauer hell begeistert waren.
Beleidigte Leberwürste
Viele missverstanden wohl die Grundidee des politischen Kabaretts, fanden es nur so lange witzig, bis ihre eigene Partei oder womöglich sogar sie selbst durch den Kakao gezogen wurden. Ja, das habe es schon gegeben, dass einzelne Politiker beleidigt waren und keine Vorstellung des LiGa mehr besuchten. Besonders in den frühen Jahren seien die Promis aus Politik und Wirtschaft gekommen. War die Regierung rot, lachten sich die Schwarzen fast tot, war die Regierung schwarz, war es umgekehrt. Die Weissen lachten sowieso, zumindest so lange, bis das LiGa auch ihnen auf den Schlips stand. Nur der Fürst sei nie gekommen, obwohl er zu den ersten Premieren eingeladen war. «Wir haben nicht erwartet, dass der Fürst tatsächlich kommt. Später waren wir dann froh, dass er nie gekommen ist.» Mathias Ospelt lacht und schneidet ein schwieriges Thema an. Nicht schwierig für Ospelt-Ospelt-Schädler versteht sich, denn eine Verfassungsdiskussion ist aus Sicht eines Kabarettisten wohl etwas vom Besten, das passieren kann. Schwierig aber für viele Politiker und auch Nicht-Politiker. «Als wir in den 90er-Jahren den Fürsten parodierten, fanden es alle lustig. Mit der Verfassungsdiskussion änderte sich alles. Das Thema war derart emotionalisiert, dass alles zu viel war», sagt Mathias Ospelt, der findet, dass die Verfassungsdiskussion viel zerstört hat.
«Wir wurden noch radikaler»
Eingeschüchtert hat das die LiGa-Herren nicht. Sie liessen sich nicht abbringen, nahmen die Kritik nicht persönlich, hatten weiterhin ihren Spass und liessen im Jahr 2006 alles in «Souveräni tätärätätät!» gipfeln. «Wir wurden sogar noch radikaler. Denn wenn die Gegner nicht mehr im Publikum sitzen, spielt es ja keine Rolle», sagt Mathias Ospelt, der seit 20 Jahren die Texte für die Stücke schreibt.
Das Comeback
Nach 12 LiGa-Programmen dann eine kreative Pause. Ospelt-Ospelt-Schädler meldeten sich 2009 mit neuem Namen, aber in altbewährter Formation wieder zurück. Mathias Ospelt schreibend, Ingo Ospelt in der Regie und Marco Schädler setzte wie eh und je die musikalischen Schwerpunkte. Einzig der Inhalt des Stücks «Die Kapelle» war neu. Erfrischend anders, wenn einmal nicht auf Liechtensteins «Who is Who» herumgehackt wird, fand das Publikum. Auch bei «Die Kapelle II» zwei Jahre später blieb es politisch ruhig. Erst im «Weissen Schlössl» (2013) waren auch der Fürst und so manch politisches Gschwätz wieder Thema. «Es macht Spass, Politik wegzulassen, und es macht Spass, wieder draufzuhauen.»
Ospelt-Ospelt-Schädler haben zwanzig Jahre durchgehalten und sind sich treu geblieben. Das Geheimnis des Erfolgs? «Wir haben immer etwas Neues auf die Bühne gebracht und versucht, uns nicht zu wiederholen», sagt Mathias Ospelt. Und wie heisst es doch so schön? Never change a winning team! Tatsächlich ist es selten, dass sich eine Besetzung in zwanzig Jahren nicht verändert. Kein Streit, keine Machtspiele, pure Harmonie? «Es hat einfach gepasst. Wir nehmen uns selbst nicht so ernst. Jeder ist Experte auf seinem Gebiet. Wir reden uns nicht gegenseitig drein und lassen uns leben», formuliert Mathias Ospelt das Erfolgsrezept.
Kultur ändert etwas
Unter dem Strich bleiben unzählige Stunden Spass, viel Arbeit und Respekt für ein Land, das die Herren Ospelt-Ospelt-Schädler immer wieder aufs Neue überrascht. Es bleibt aber noch mehr. Dem Kabarett ist es zu verdanken, dass es den Schlösslekeller in Vaduz gibt, dass Kleinkunst in Liechtenstein einen Platz gefunden hat und Wertschätzung erfährt. Politisches Kabarett bewirkt zwar keinen grossen Unterschied, aber Kultur tut es. Ja, Kultur ändert etwas.
Gross feiern wollen Ingo Ospelt, Mathias Ospelt und Marco Schädler ihr Bühnenjubiläum am 7. April nicht. «Vielleicht, dass wir einfach im Schlösslekeller hocken und wenn jemand Lust hat, kann er oder sie vorbeikommen. Und wenn wir lustig sind, lesen wir was vor», sagt Mathias Ospelt. Eine Art «Best of» wird es dann im Rahmen des Schlösslekeller Jubiläums-Festivals am 16. Mai geben.
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