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Liechtenstein-Saga: 300 Jahre in 52 Minuten

Im Juni soll die Dokumentation «1818 ? Die Liechtenstein-Saga» in Liechtenstein Premiere feiern. Die aufwendige Produktion erzählt die Geschichte des Landes ? von einem Imagefilm ist sie allerdings weit entfernt.

300 Jahre Liechtensteiner Geschichte in einem 52-minütigen Dokumentarfilm: Das ist «1818 ? Die Liechtenstein-Saga». Ein Film, der das Land Liechtenstein dem Ausland näherbringen soll ? mit all seinen positiven wie auch schwierigen Seiten. Entstanden sei die Idee vor etwa vier Jahren, sagt Produzent Jürgen Kindle von der Firma JK Entertainment. «Im Ausland ist man als Liechtensteiner mit vielen Vorurteilen konfrontiert: Das ist dort, wo die Reichen ein Konto haben und wo man keine Steuern zahlt. Spricht man dann aber mit den Leuten, merkt man, wie wenig sie eigentlich über unser Land wissen.»
Das soll «1818 ? Die Liechtenstein-Saga» ändern. Es ist ein Film primär für ausländische Fernsehstationen, nicht nur für Liechtenstein selbst. Um einen Image­-film handelt es sich allerdings nicht. «Wenn du in einem Dokumentarfilm nicht kritisch bist, wirst du nicht ernst genommen», erklärt Kindle. «Gerade bei den Themen Bankkonten und Steuern müssen wir uns schon einige Fragen gefallen lassen.»

Die unbekannteren Seiten

Trotzdem ist es das Ziel des Films, dass der Zuschauer am Ende mit einem Schmunzeln zurückbleibt. Denn es gibt eben auch die andere, weniger bekannte Seite Liechtensteins ? etwa der Wirtschaftsboom nach dem Zweiten Weltkrieg, der Firmen hervorbrachte, die auf ihrem Gebiet heute weltweit führend sind. So etwa die Hilti AG im Bereich Befestigungstechnik, die Firma Ivoclar Vivadent im Bereich Zahnersatz oder Neutrik, mit deren Steckersystemen von «Pink Floyd» bis zu den Dire Straits Weltstars die grössten Gigs der Welt spielten.
«Dass so ein kleines Land so viel erreicht hat, ist unglaublich», sagt Kindle. «Liechtenstein ist zudem praktisch das einzige Land weltweit, das über so viele Jahre in der gleichen Form Bestand hatte», fügt er hinzu. Dies nicht zuletzt durch die guten Beziehungen Fürst Johanns zu Napoleon ? für Jürgen Kindle einer der Höhepunkte in der Liechtensteiner Geschichte.
Was letztlich in den 52 Minuten des Films einen Platz finden soll und was nicht, sei wohl die grösste Herausforderung der ganzen Produktion gewesen, sagt er. Und anschliessend zu entscheiden, welche Ereignisse welchen Stellenwert haben sollen. Entsprechend dauerte es auch fast ein Jahr, bis das Drehbuch geschrieben war, für welches der Filmemacher Lew Hohmann mitverantwortlich zeichnet.

Hilfreicher Aussenblick

Bei der Auswahl der Szenen war es Jürgen Kindle wichtig, den Aussenblick auf Liechtenstein miteinzubeziehen. «Dass das Produktionsteam sowie Regisseur Tobias Dörr und Drehbuchschreiber Lew Hohmann nicht aus Liechtenstein kommen, war extrem wichtig», sagt er auch im Rückblick. Denn wenn man als Liechtensteiner einen Film über Liechtenstein mache, haben man gezwungenermassen keinen klaren Blick darauf, was für ein internationales Publikum wirklich wichtig sei. «Da möchte man gewisse Vorkomnisse lieber verschweigen, während andere gross rauskommen sollen. Das ist aber ganz normal.»
Dass die Liechtensteiner und die ausländischen Mitwirkenden die Szenen anders gewichteten, wurde im Verlauf der Arbeit am Film deutlich. Ging es den Liechtensteinern beim Thema Datenklau beispielsweise vor allem darum, wer genau wem was gestohlen hat, interessierten sich die Aussenstehenden eher dafür, warum der Datendieb das tat, wie er auf die Idee kam, wie es ihm dabei erging und welche Konsequenzen sein Vorgehen für ihn hatte. So steht im Film denn auch ein Datendieb vor der Kamera, der von seinen Verbrechen erzählt, die ihn alles verlieren liessen ? auch seine Familie.
Ebenfalls einen Aussenblick auf die Produktion bringt der Erzähler und Hauptdarsteller Friedrich von Thun mit. Der Österreicher wurde in Böhmen-Mähren geboren, wo auch das liechtensteinische Fürstenhaus herkommt. Beim ersten Telefonat mit Jürgen Kindle habe er gesagt, jaja, die Familien würden sich von früher kennen. «Das war mit ein Grund, weshalb er sich bereit erklärte, mitzumachen», sagt Kindle.

Einheimische stechen heraus

Für ihn ist von Thun die perfekte Besetzung des Erzählers: «Es musste jemand sein, den man ernst nimmt, der ein gewisses Alter hat, der sympathisch ist und im bes­ten Fall auch eine gewisse Bekanntheit hat.» Neben den ausländischen Beteiligten spielen aber auch Liechtensteiner Darsteller wie Ernst Walch, Thomas Hassler und Andy Konrad eine wichtige Rolle: «Was diese drei an schauspielerischer Leistung abgeliefert haben, ist einfach fantastisch», sagt Jürgen Kindle. Hinzu kommen die vielen Statisten, ohne die der Film nicht möglich gewesen wäre ? an gewissen Drehtagen waren bis zu 100 Personen vor Ort, um die Szenen abzudrehen. «Die ersten Drehtage waren ein Wahnsinn», sagt Jürgen Kindle. Bis zu 16 Stunden lang wurde anfang täglich gedreht, bis man immer mehr dazulernte ? und das manchmal für lediglich 30 Sekunden Filmszene.
Etwa 25 Drehtage sind bis heute im Kasten, ursprünglich ging das Produktionsteam von 20 aus. Bis allerdings mit dem Dreh begonnen werden konnte, vergingen Jahre. «Nur schon, um die Finanzierung sicherzustellen, benötigte ich fast zwei Jahre», sagt Jürgen Kindle. Ohne die Unterstützung von Stiftungen und privaten Geldgebern wäre eine solche Produktion nicht möglich gewesen. Denn was die Fernsehstationen letztlich für die Ausstrahlung bezahlen, sei lediglich ein Trinkgeld. Auf die Frage, wie viel die Produktion kostete, sagt Jürgen Kindle nur: «Andere bauen dafür ein Haus, ich drehe einen Film.»

Unter die Haut

Die Liechtenstein Saga ist die bisher aufwendigste Produktion von JK Entertainment. Der Film will mehr, als blosse Dokumentation zu sein: Die Mischung aus Erzählung, Interviews und Spielfilmszenen soll berühren, ganz grosses Kino sein. «Bei manchen Szenen hauts dich weg, weil sie so nahegehen», sagt Kindle. Der Trailer gibt einen ersten Eindruck des Films: Eindrückliche Landschaftsaufnahmen, stimmungsvolle Spielfilmszenen, die sich mit Interviews abwechseln, alles unterlegt mit eigens für den Film komponierter Filmmusik, die ein dramatische Atmosphäre schafft. Der Begriff «grosses Kino» scheint nicht zu weit hergeholt. «Wenn wir die Erwartungen des Trailers mit dem Endprodukt erfüllen können, wird das echt toll. Und ich bin mir sicher, dass wir das können», so Kindle.
Im Juni sollen sich die Zuschauer davon selbst überzeugen können. Weil einige Szenen nachgedreht werden müssen, verschiebt sich die ursprünglich für den April geplante Premierenfeier in Liechtenstein um einige Wochen. Eine pompöse Feier wird es nicht geben ? auch wenn Jürgen Kindle das ursprünglich wollte. Roter Teppich, bekannte Schauspieler, Johannes B. Kerner als Moderator ? das war sein ursprünglicher Plan. Einen roten Teppich soll es geben, und auch Friedrich von Thun wird voraussichtlich anwesend sein. Letztlich hat sich Kindle aber gegen eine pompöse Feier entschieden ? der Film soll für sich selbst sprechen und der Star des Abends sein. (ah)

 

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