­
­
­
­

«Einen einmaligen Sommer erleben»

Der Kulturgarten «Im Bongert» bietet ein Kulturprogramm im Schatten von Obstbäumen und eines Hauses in Balzers, das einst in Montafon stand. Um das Projekt umzusetzen, haben Jerome Fischer, Lisa Fischer, Flurina Seger und Peter Bär den Verein «Kulturförderung im Bongert» gegründet und sich nicht gescheut, auch selbst handwerklich tätig zu werden.

Wie ist die Idee eines Sommerkulturgartens entstanden?

Jerome Fischer: Die Idee gab es bei meiner Schwester Lisa, die auch zum Kulturgarten-Team gehört, und mir bereits seit Längerem. Das hatte verschiedene Hintergründe: Zum einen hat sich das Haus angeboten, da es bereits seit drei Jahren leer stand, zum anderen war bei uns schon immer das Bedürfnis da, ein Projekt zu schaffen, das der Gesellschaft etwas zurückgibt. Wir wollten einen Treffpunkt schaffen. Das Konzept wurde dann Schritt für Schritt ausgearbeitet und es entstand der Kulturgarten daraus.

Flurina Seger: Für die Idee war ausschlaggebend, dass Jerome auf uns zugekommen ist und erzählt hat, dass das Haus leer steht und es sich anbietet, im Sommer etwas zu machen. Es war aber von Anfang an klar, dass es ein zeitlich begrenztes Projekt wird. Danach haben wir begonnen, einige Ideen zu sammeln.

Peter Bär: Kurz vor Weihnachten haben wir uns dann zum ersten Mal getroffen. Wir wollten zwar schon früher etwas machen, aber es ging sich gerade gut aus, weil alle anwesend waren und gesagt haben, dass sie Zeit investieren können. Schlussendlich ist so ein Projekt immer auch von einzelnen Personen abhängig.

Das Haus stammt ursprünglich aus Montafon. Welche Geschichte steckt dahinter?

Jerome Fischer: Was das Haus im Montafon bereits alles mitgemacht hat, weiss ich leider nicht, das war vor meiner Zeit (lacht). Das Haus wurde dann von meinem Urgrossvater abgebaut, mit Pferdefuhrwerken hierher gebracht und wieder aufgebaut. Das war vor rund 75 Jahren. Meine Grossmutter, mein Vater und auch ich sind hier aufgewachsen. Leider ist das Haus jetzt in einem Zustand, bei dem baulich etwas gemacht werden müsste, damit es wieder richtig bewohnbar wäre.

Gibt es bereits Pläne, diese baulichen Massnahmen umzusetzen?

Jerome Fischer: Das ist alles noch sehr offen. Es gibt keine definitiven Abrisspläne. Umgekehrt gibt es aber auch keine definitiven Umbau- oder Erhaltungspläne. Das wird zuerst noch definitiv geregelt werden müssen.

Flurina Seger: Das Projekt ist daher für diesen Sommer ausgelegt. Wir haben keine Pläne für den Herbst, Winter oder nächstes Jahr. Für uns ist es vorläufig eine einmalige Sache. Zudem arbeiten wir alle nebenbei. Für uns ist es ein Hobby. Darum ist das Projekt auch nur bis August geplant. Das Ziel ist es, einen einmaligen Sommer im Kulturgarten zu erleben.
Jerome Fischer: Das Konzept dreht sich hauptsächlich um den Garten und ist darauf ausgelegt, dass es draussen stattfindet. Sobald es kalt wird, wird es schwieriger, da das Haus keine Heizung hat.

Peter Bär: Was danach geschieht, werden wir uns nach dem Abschluss des Projekts im Herbst sicherlich überlegen.

Was musstet ihr ? finanziell und auch arbeitsmässig ? in das Haus und den Garten investieren, um den Kulturgarten beleben zu können?

Jerome Fischer: Sehr viel Arbeit (lacht).

Flurina Seger: Wir haben sehr viele Stunden hier verbracht. Es hat Zeit gebraucht, die Idee zu entwickeln. Als Nächstes haben wir einige Möbel hergestellt und auch einige Umbauten getätigt. Momentan brauchen wir viel Zeit für die Programmgestaltung der kommenden Monate. Da sind wir auf externe Vereine und Kulturschaffende des Rheintals angewiesen, damit der Raum auch genutzt werden kann. Dafür mussten wir zuerst ein entsprechendes Netzwerk schaffen.

Jerome Fischer: Wir haben sehr viel selbst gemacht. Dadurch, dass es ein temporäres Projekt ist, haben wir beschlossen, die finanziellen Investitionen so klein wie möglich zu halten. Auch bezüglich Material und Einrichtung haben wir möglichst günstig gearbeitet. Wir haben zum Glück sehr viel Unterstützung erfahren und konnten viele Dinge ausleihen, beispielsweise von der Gemeinde Balzers oder von Unternehmen.

Flurina Seger: Die Stühle haben wir zum Beispiel aus der Mensa des Liechtensteinischen Gymnasiums (lacht). Aber es stimmt, wir haben sehr viel Unterstützung erhalten, besonders von Arthur Brunhart, dem Vorsteher der Gemeinde Balzers. Er hat das Projekt von Anfang an gutgeheissen und hat uns auch emotional sehr unterstützt. Wir denken, dass er selbst auch grosse Freude an unserem Projekt hat.

Welche Möbel habt ihr selbst hergestellt und welche Materialien habt ihr dafür verwendet?

Flurina Seger: Um Kosten zu sparen und unser Konzept auch in den Sitzgelgenheiten zu repräsentieren, haben wir nur Holz verwendet, welches vor Ort vorhanden war. So haben wir zum Bespiel die Decke des Stalls herausgenommen und aus langen Brettern eine grosse Tafel gefertigt. Aus dem Holz der Seitenwände haben wir die kleineren Tische im Garten gefertigt. So konnten wir insgesamt vier kleine Tische und die lange Tafel im Garten sowie einige Stehtische herstellen.

Peter Bär: Wir wollten keine moderne Plastikmöbel im Garten haben, da die Möbel und die Einrichtung gänzlich zum Konzept passen sollten.

Jerome Fischer: Die Grundidee und die Arbeiten vor Ort haben immer wieder neue Ideen wachsen lassen. Es hat alles sehr gut funktioniert und wir hoffen, dass wir auch weiterhin für die kommenden zwei Monate so weiterarbeiten können.

Wie lange hat der Umbau insgesamt gedauert?

Flurina Seger: Ende März haben wir vier volle Tage investiert. Danach noch einmal zwei Wochenenden. An diesen Tagen konnten wir grosse Fortschritte machen. Den Rest haben wir jeweils nach Feierabend oder ebenfalls an Wochenenden gemacht. Mitte April waren wir fertig und am 16. Mai konnten wir dann die Eröffnung des Kulturgartens feiern.

Jerome Fischer: Wir haben während der Vorbereitung auch sehr viele Amtsstellen besucht. So zum Beispiel das Bauamt, die Wirtschaftskammer und die Gemeinde Balzers. Das war nötig, um absehen zu können, wie wir das Konzept genau ausgestalten können und welche Genehmigungen und baulichen Massnahmen für temporäre Projekte nötig sind, ohne das Haus auf den neusten Stand bringen zu müssen.

Gibt es noch weitere Umbaupläne für den Kulturgarten?

Flurina Seger: Eventuell kommt ein kleiner Naturpool in den Garten. Da die Wiese hinter dem Haus zu einem Grossteil zum Haus dazugehört, ist das eine Möglichkeit, die wir uns überlegen. Ein blauer Plastikpool kommt jedoch nicht infrage, das würde nicht in das Gesamtbild passen.

Wie haben die Kunstschaffenden der Region auf die Möglichkeit des Kulturgartens reagiert?

Flurina Seger: Wir wurden bereits von vielen Leuten darauf angesprochen, dass sie gerne den Raum nutzen würden, den wir zur Verfügung stellen. Das Bedürfnis, etwas zu machen, ist also vorhanden.

Peter Bär: Der Vorsteher hat es bei seiner Eröffnungsrede betont: Es ist ein Raum für Begegnungen, wie es früher der Bongert war. Die Leute kamen zusammen, man feierte kulturelle Feste und Zusammenkünfte. Die Idee war es, das wiederzubeleben.

Jerome Fischer: Wir wollten auch die Leute aus der Region dazu einladen, die Plattform zu nutzen. Man kann gerne auf uns zukommen. Das gilt auch beispielsweise für junge Bands, die gerne einmal einen Auftritt vor einem etwas kleineren Publikum wagen möchten.

Wie kam die Zusammenarbeit mit dem «Schichtwechsel» zustande?

Flurina Seger: Wir wurden von ihnen auf eine mögliche Zusammenarbeit angesprochen. Sie kamen zu Besuch, haben sich den Kulturgarten angesehen und haben dann angefragt, ob sie eine Ausstellung veranstalten dürfen. Es war eine sehr angenehme Zusammenarbeit, bei der beide Seiten profitieren konnten.

Gab es viele Anfragen von potenziellen Ausstellern und Kunstschaffenden?

Jerome Fischer: Wir haben darauf gesetzt, dass es sich herumspricht, dass wir die Plattform anbieten. Unter unseren Freunden, auf der Website und auf Facebook ist uns das dann auch ziemlich gut gelungen und verschiedenste Leute haben davon erfahren.

Peter Bär: Es werden immer mehr Anfragen. Für Juli und August haben wir bereits einige fixierte Programmpunkte. Wir sind momentan dabei, ein Programm zusammenzustellen, welches während der Woche stattfinden kann. Die Anfragen waren bisher sehr gut. Es kann fast alles stattfinden, was bisher angefragt wurde.

Flurina Seger: Das Programm ist erfreulicherweise sehr vielfältig. Wir haben beispielsweise ein Kinderschminken, eine Whiskydegustation, weitere Kunstausstellungen, Lesungen, Grill-, Spiele- und Kinoabende. Es ist wirklich alles dabei. Bisher haben wir hauptsächlich Liechtensteiner Vereine.

Jerome Fischer: Da sehr viel über Bekannte organisiert wurde, sind die bisherigen Auftritte eher in Liechtenstein verwurzelt. Es wäre aber schön, wenn sich noch weitere Künstler oder Aussteller für einen Auftritt im Kulturgarten begeistern lassen würden.

Welche Rückmeldung habt ihr von den Besuchern bisher erhalten?

Alle drei: (gleichzeitig) Sehr gute.

Flurina Seger: Uns ist aufgefallen, dass das Publikum sehr vielfältig ist. Von Jung bis Alt trifft man sich hier «im Bongert». Sei es nun aus Neugierde, was es genau ist, oder ob man einen Bezug zum Haus hat, weil man es von früher her kennt. Es ist sehr erfreulich, diese Durchmischung zu haben.

Peter Bär: Ich habe die Rückmeldung erhalten, dass es sehr geschätzt wird, dass man hier von Jung bis Alt alles vertreten ist und es kein einseitiges Publikum ist.

Jerome Fischer: Man merkt, dass es ein Bedürfnis nach einem etwas informellerem Treffpunkt gibt. Jeder kann kommen, kann im Garten umhergehen, kann die Kinder mitnehmen und kann auch ein Feierabendbier geniessen. Man bleibt aber nicht immer am gleichen Platz sitzen, sondern geht umher und spricht mit verschiedenen Leuten. Die grosse Tafel soll auch dazu einladen, sich zusammenzusetzen und sich zu unterhalten. Der Charme des Gartens wird auch vielfach gelobt. Viele können es beispielsweise nicht glauben, dass ein Haus mit einem solchen Garten unbewohnt ist.

Vor Kurzem konntet ihr von eurer ersten Ausstellung «Denn heute ist die beste Zeit» die Vernissage feiern. Wie kam die Ausstellung beim Publikum an?

Flurina Seger: Trotz eines Sommergewitters hatten wir am Vernissageabend eine sehr angenehme Stimmung. Eine Band hat den Abend musikalisch begleitet und wir hatten ein neues Publikum, welches den Bongert besucht hat. Das Interesse an der Ausstellung war und ist gross, die Veranstaltungen des Schichtwechsels rund um die Ausstellung «Denn heute ist die beste Zeit» sind gut besucht.

Wie gross ist die Konkurrenz durch die Fussballweltmeisterschaft?

Jerome Fischer: Wir haben nicht das Gefühl, dass wir auch noch auf diesen Zug aufspringen müssen. Es gibt bereits genügend Sportlokale. Da wir ein sehr breites Publikum ansprechen, können wir eine sehr gute Alternative anbieten, welche nicht nur für Sportfans interessant ist.

Wird der Verein «Kulturförderung im Bongert» nach dem Ende des Projekts weiterhin bestehen?

Flurina Seger: Der Verein bleibt auf jeden Fall bestehen. Wir werden dann sehen, was sich ergibt und welche Projekte wir nächstes Jahr angehen. Leider ist es immer auch eine Zeitfrage.
Jerome Fischer: Neue Mitglieder sind im Verein immer herzlich willkommen. Vielleicht können diese dann aufgrund unserer Erfahrungen und mit unserer Hilfe ein eigenes Projekt auf die Beine stellen. (Interview: jgr)

 

Schlagwörter

Lädt

Schlagwort zu Meine Themen

Zum Hinzufügen bitte einloggen:

Anmelden

Schlagwort zu Meine Themen

Hinzufügen

Sie haben bereits 15 Themen gewählt

Bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits

Entfernen

Um «Meine Themen» nutzen zu können, stimmen Sie der Datenspeicherung hierfür zu.

Ähnliche Artikel

AboFotoausstellung
Unter dem Motto «Faszination Venedig» eröffneten Sepp Köppel, Peter Marxer und Dietmar Walser gestern ihre Fotoausstellung in den Pfrundbauten in Eschen.
10.10.2024
Abo
Das wegweisende Projekt «Ich, die Zukunft» wurde am Dienstagabend im Rahmen einer festlichen Gala in Zürich mit einem prestigeträchtigen Xaver-Award ausgezeichnet.
11.09.2024
Abo
Mit drei Werken von spanischen Komponisten begeisterte das Rheinklang Orchester vergangenen Samstag im Guido-Feger-Saal der Musikschule Triesen unter der Leitung des charismatischen Dirigenten Camilo Sánchez Gómez.
10.11.2024
Wettbewerb
3x2 Tickets zum «Benefizkonzert zu Gunsten von SOLie!» zu gewinnen
Christ Andrews
vor 20 Stunden
Umfrage der Woche
Was sagen Sie zur geplanten «Revitalisierung» des Rheins zwischen Schaan und Eschen?
­
­