Die Leidenschaft, Geschichten zu erzählen
Seit Jessica Matzig in der dritten Klasse zum ersten Mal Theaterluft geschnuppert hat, hat sie das Fieber gepackt. «Meine Leidenschaft, Geschichten zu erzählen, war schon immer gross. Ich durfte bei der Weihnachtsgeschichte einen Engel spielen, der die Geschichte erzählt und der Maria das Jesuskind unter dem Rock hervorzaubert», lacht Jessica Matzig. Heute steht sie regelmässig auf den Bühnen in der Region. So war sie bereits beim Jungen Theater Liechtenstein, ist gern gesehene Schauspielerin beim Vorarlberger Volkstheater und beim Theater Karussell und hat seit Kurzem auch einen Eintrag in der grössten Internet Filmdatenbank dank ihres Beitrags zu «Himmelfahrtskommando», einem neuen Schweizer Film.
«Dennis Ledergerber, der Regisseur von ‹Himmelfahrtskommando›, hat vieles selbst gemacht. So hat er auch das Casting selber durchgeführt. Da es ein offenes Casting war, hatte ich die Chance da hin zu gehen und zu zeigen, was ich kann», erzählt Matzig. Mit Erfolg. Obwohl sie sich ursprünglich für eine kleinere Nebenrolle bewarb, landete sie mit der Rolle der «Kassandra» – die Tochter eines Gemeindepräsidenten – eine der grösseren Rollen.
Dadurch erhielt sie die Möglichkeit, zusammen mit Schweizer Schauspielgrössen wie Beat Schlatter oder Walter Andreas Müller vor der Kamera zu stehen. «Ich war zu Beginn wirklich sehr nervös. Aber es war keine Spur von Starallüren oder sonst was bei Beat Schlatter oder Walter Andreas Müller zu spüren. Ich habe mich sehr aufgehoben gefühlt bei ihnen», sagt die 25-Jährige. Es habe auch schnell eine Verbindung zu ihrer Filmmutter gegeben, die sie bereits vor Drehbeginn getroffen hat. Man hatte zwar auch während den Dreharbeiten Zeit, sich kennenzulernen; dies sei aber stark vom Drehplan abhängig gewesen. Im Unterschied zu Theaterproben sind nicht immer alle Schauspieler bei Dreharbeiten anwesend.
Studium und Schauspielerei
Ihre Leidenschaft zur Schauspielerei schlägt sich auch in ihrem Studium nieder. Die Buchserin studiert in Zürich Psychologie. «Für meine schauspielerische Tätigkeiten ist mein Studium sicher von Vorteil. Sowohl Schauspieler als auch Psychologe muss sich in die Lage von anderen versetzen können und Schauspieler sind häufig sehr empathische Menschen», sagt die Psychologiestudentin. Man habe mit jedem Charakter, den man verkörpert, etwas gemeinsam. Manchmal müsse man nur danach suchen, es etwas ausbauen und dann verkörpern. «Wenn man sich intensiv mit einer Rolle auseinandersetzt und diese über lange Zeit verkörpert, bin ich mir sicher, dass es nicht immer einfach ist, sich vollständig von dieser Figur zu lösen», sagt Matzig.
Zu ihrer Rolle in «Himmelfahrtskommando» gibt es jedoch einige grössere Unterschiede. So ist Kassandra der Kapitän der Frauenfussballmannschaft, Jessica Matzig habe bisher jedoch kaum Fussball gespielt. In einer Szene sollte sie den Ball ins Tor schiessen. Dieser hatte jedoch ganz andere Pläne. «Das war echt peinlich. Ich wollte eigentlich noch lernen, ein wenig besser zu spielen, aber das hat nicht geklappt. Ich weiss nicht, wie das geschnitten wurde, dass es doch noch so aussieht, als würde ich das Tor treffen», lacht die Schauspielerin.
Unterschiede zwischen Film und Theater
Sie sehe zwei Hauptunterschiede zwischen Film und Theater. Bei Dreharbeiten werde die Geschichte zerpflückt und es werden kleine Szenen gedreht. Man hüpfe in der Chronologie des Films wild umher, während bei einem Theaterstück die Handlung meist chronologisch ist. Für eine Filmaufnahme mache dies auch durchaus Sinn, da dadurch Zeit und Geld gespart werden können. Dadurch, dass die Dreharbeiten schneller abgeschlossen seien, gibt es in einem Film immer wieder etwas Neues, während es bei Theateraufführungen vorkommt, dass man mit den Proben ein Stück 50 Mal und mehr aufführt.
Der andere Unterschied sei die Wirkung auf das Publikum. «Wenn man bei einem Theaterstück sieht, dass einem Zuschauer die Tränen über die Wangen fliessen, weiss man: ‹Das hast du gut gemacht›, beim Film sieht man die Reaktion der Zuschauer nicht sofort», sagt Matzig. Sie wusste während den Dreharbeiten oft nicht, wie sie schlussendlich auf dem Bildschirm wirkt. Sie wird also sicher den Film selbst auch ansehen, um sich selbst beobachten und dadurch auch verbessern zu können. Natürlich interessiere sie auch die Reaktion der Zuschauer auf den Film.
Leider habe der Schweizer Film eine schwere Stellung. «Schweizer Filme haben einen schlechten Ruf. Dabei ist ‹Himmelfahrtskommando› wirklich sehenswert und ganz anders als andere Filme – und das sage ich nicht, weil ich dabei mitspiele», lacht Matzig. Ein Blick in die Statistik scheint ihr Recht zu geben. So wurden erst fünf Schweizer Filme für die «Academy Awards» in der Kategorie «Bester Fremdsprachiger Film» nominiert. Immerhin konnten zwei die begehrte Trophäe in die Schweiz holen: «Gefährliche Züge» im Jahr 1985 und zuletzt 1991 mit «Reise der Hoffnung». Trotzdem hofft sie, dass die Zuschauer dem Film eine Chance geben werden. Alleine die Tatsache, dass Schauspielgrössen wie Beat Schlatter und Walter Andreas Müller ohne Gage mitgearbeitet hätten, spreche für sich. Keiner der Mitwirkenden hat Gage dafür erhalten, bei dem Film mitzuwirken. Das Drehbuch hat alle überzeugt, ihre Ferien und Wochenenden zu opfern.
«Ich könnte dem Theater nie den Rücken kehren»
Nachdem die letzte Klappe am Walensee gefallen war, begab sie sich wieder auf die Suche nach einer neuen schauspielerischen Herausforderung. Dabei soll es aber nicht nur bei Filmarbeiten bleiben. «Selbst wenn ich in Zukunft mehr Angebote für Filmprojekte erhalten sollte – ich glaube, ich könnte dem Theater nie komplett den Rücken kehren», verspricht die junge Schauspielerin. Bereits Anfang März steht sie wieder mit dem Theater Karussell in Liechtenstein auf der Bühne, bevor man sie ab dem 21. März auf der Grossleinwand bewundern kann. (jgr)