Benno Marxer: Musiker mit Durchhaltevermögen
Sein musikalischer Werdegang war kein geradliniger. Und dennoch hat es Benno Marxer mit der von ihm gegründeten und geleiteten Big Band weit gebracht. Dazu braucht es mehr als Liebe zur Musik. «Ich wünsche mir, dass mein musikalischer Jakobsweg noch lange nicht zu Ende ist», antwortet Marxer auf die Frage nach seinem sehnlichsten Wunsch.
Mauren. - Marxer weiss, was er will und was er bereits erreicht hat. Und auch, wenn der Weg dorthin nicht immer leicht, geschweige denn geradlinig war, scheint sich sein Durchhaltevermögen gelohnt zu haben. Ihm ist es zu verdanken, dass Liechtenstein um die Big Band und die «Royal Funk Force» reicher ist.
In Mauren unter drei Geschwistern aufgewachsen, keimte schon früh seine Liebe zur Musik auf. Im Elternhaus ? die Mutter Hausfrau, der Vater Landesangestellter ? wurde viel gesungen. Über das Radio lernte Benno vorerst die Volksmusik und den Dixieland kennen und lieben. Mit sieben versucht er sich selbst im Gitarrenspiel. Zwei Jahre später an einer alten Trompete. Mit 12 Jahren steht er mit einer Oberkrainer-Formation erstmals auf der Bühne ? ohne eine einzige Note lesen zu können. Begeistert von den Beatles greift er wenig später zur E-Gitarre und gründet die Beat-Band «The Outlaws», mit der im Eschner Riet so richtig «abgebeatet» wurde.
Nach dem Besuch der Realschule in Eschen und der Mechaniker-Lehre bei der Hilti AG arbeitet er bei der Ivoclar. Doch als die Hippie-Bewegung in Liechtenstein Einzug hält, gibt es für Benno Marxer kein Halten mehr. «Ich glaube, ich war hier im Ländle wohl einer der ersten Hippies», erinnert sich der Frühpensionist. Und wie es sich für einen echten Hippie gehörte, ging es ab in die Ferne. Auf seinem Weg, den afrikanischen Kontinent zu erobern, bleibt Benno Marxer gemeinsam mit einem Freund in Marokko hängen. In der Soul-Band «I Profundi» verdient er sich als Gitarrist seinen Lebensunterhalt.
Als nächstes ging es ab in den Norden. Im norddeutschen Flensburg träumt er davon, mit einem Fischkutter nach Indien zu segeln. Anstatt nach Indien führt ihn sein Lebensweg wieder zurück nach Liechtenstein, wo er bald darauf seine Frau kennen lernt. Mit der von ihm gegründeten Tanz-Band «The Twengys» tingelt er von einer Tanzbar zur anderen. Mittlerweile spielt er nicht nur Gitarre, sondern auch Trompete und Posaune und arrangiert aktuelle Hits für die gemeinsamen Auftritte. «Ein herber Job, den ich heute nicht mehr machen würde», gibt Benno Marxer offen zu. Aber eine gute Schule, nicht zuletzt für sein Gehör, denn noch immer kann er keine Noten lesen und eignet sich alle Songs über das Zuhören an. Nach zwei Jahren löst sich die Band auf, doch Benno Marxer muss nicht lange auf seinen nächsten Bandeinsatz warten. Als ihn Bryan Jeeves einlädt, in der «Bryan Jeeves Jazz-Band» mitzuspielen, zögert der nicht lange. «Das war eine schöne Zeit, die mir sehr viel Spass gemacht hat», blickt Benno Marxer noch heute dankbar zurück. Für ihn endlich die Gelegenheit, als Gitarrist und Posaunist Jazz-Musik zu machen. Aber auch eine Verpflichtung, die ihn bald an seine Grenzen bringen sollte. Dieses Mal musikalisch.
«Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich handwerklich auf der Posaune nicht mehr weiter komme», erinnert sich der Musiker. Der Entschluss, sich dieses Handwerk während einem Studium am Konservatorium Feldkirch anzueignen, war schnell gefasst. Zur Aufnahmeprüfung musste er nur noch Notenlesen lernen. Aber auch das meisterte er im Selbststudium. Während seiner Ausbildung lernt er die klassische Posaunenliteratur kennen und schätzen, merkt aber auch, dass diese Art Musik zu machen, nicht das Seine ist. Noch bevor er das Studium abschliesst, ist er bereits als Blechbläserlehrer an der Liechtensteinischen Musikschule angestellt. Die Teilzeitstelle erfüllt ihn mit Freude, vor allem aufgrund seiner hoch motivierten Schüler, mit denen er sich kurz darauf einen Traum verwirklicht ? seine eigene Big Band, die er neben seinem Job als «musikalisches Hobby» bezeichnet. «Mit so einer Besetzung lassen sich die meisten Stile in der Popular- und Jazzmusik authentisch spielen», begründet der langjährige Bandleader seine Vorliebe für diese Formationsart. Von seiner ursprünglichen Idee, diese nur mit Musikern aus Liechtenstein zu besetzen, muss sich Benno Marxer zwar bald verabschieden, nicht jedoch von seinem Traum, mit dieser Formation Grosses zu erreichen.
Sieben Tonträger hat die Big Band Liechtenstein bereits auf den Markt gebracht und befindet sich in der «komfortablen Lage», nicht vom kommerziellen Erfolg abhängig zu sein. So wird gespielt, was Spass macht. Und das kommt an. In den letzten 30 Jahren trat die Band bereits mit zahlreichen Grössen der Szene auf und feierte dieses Jahr ihr Jubiläum auf aussergewöhnliche Art und Weise. Musiklegende James Morrison wünschte sich die Big Band Liechten-stein für ein Konzertprojekt im KKL in Luzern. Der Ritterschlag für die Band und ihren Leader. «Das Ergebnis 30-jähriger konsequenter Aufbau-arbeit», meint Benno Marxer bescheiden. Längst hätte er allen Grund, das Erreichte stolz an die grosse Glocke zu hängen, doch Benno Marxer ist auf dem Boden geblieben. Seine grösste Stärke, «wenn ich denn eine habe». Er verfolgt ein anderes Credo: «Man kommt nur dann vorwärts, wenn man erkennt, dass es noch viel zu lernen gibt.» Und gelernt haben er und seine Bandkollegen in den letzten drei Jahrzehnten viel. «Ich glaube heute zu wissen, wie man das Optimum aus dem vorhandenen Potenzial herausholen kann.» Doch nur auf seine Kappe will er den Erfolg auch nicht nehmen. «Ich habe das Vergnügen mit Persönlichkeiten zusammen zu arbeiten, auf die man sich verlassen kann. Dafür bin ich allen Bandmitgliedern sehr dankbar.»
Mit eisernem Durchhaltevermögen ist es Benno Marxer gelungen, seinen Bandkollegen die verschiedensten Musikstile näher zu bringen, die er mit «musikalischen Fremdsprachen» vergleicht. «Für uns, die wir hier in den Alpen geboren und somit mit dem alpenländisch preussischen Groove aufgewachsen sind, ist es nicht leicht, sich in anderen musikalischen Gefilden zu recht zu finden. Das ist für uns wie eine Fremdsprache. Sei dies im rhythmischen wie auch im harmonischen Sinn», ist Benno Marxer überzeugt. Jahrelange Hörerfahrung, der ständige Versuch, den «preussischen Groove beiseite» zu legen und die intensive Auseinandersetzung mit den jeweiligen Stilen sind wichtige Voraussetzungen, um diese Fremd-
sprachen «fast akzentfrei» zu spielen und das macht «Riesenspass». «Es gibt ja so viele schöne Musik auf unserem Globus, die sich lohnt, erforscht zu werden», ist Benno Marxer überzeugt. Und genau das will er auch seinen Bandkollegen vermitteln.
Vor Jahren liess sich Benno Marxer frühpensionieren, um etwas Neues anzufangen, nämlich Musik zu machen. Seine Auffassung von Musikvermittlung wollte sich einfach nicht mehr mit dem Arbeitsalltag an der Musikschule decken. «Ich komme von der Praxis und nicht von der Theorie. Der umgekehrte Weg birgt die Gefahr in sich, dass man sich nicht von der Theorie lösen kann. Dann ist man einfach ein Handwerker, der die vorgegeben Noten spielt. Ein musikalisches Feeling kann die Theorie nicht vermitteln.» Dennoch versteht Benno Marxer sein Handwerk. Schon seit Jahren arrangiert er Big Band-Sätze und komponiert eigene Stücke, vor allem für die «Royal Funk Force», seiner zweiten Band, die er seit zehn Jahren leitet. Und auch, wenn er sich manchmal wünscht, als einfaches Mitglied mitspielen zu können, weiss er seine Position zu schätzen. Vor allem dann, wenn es der Big Band Liechtenstein wieder einmal gelungen ist, einen der ganz Grossen für einen Workshop- oder ein Konzertprojekt zu begeistern. Die Liste jener Musiker, mit denen die Big Band Liechtenstein bereits zusammenarbeiten konnte, liest sich wie eine «Who is who»-Liste der Big Band-Szene. Jiggs Wigham, Bob Mintzer, Bill Ramsey, Lennart Axelsson, Peter Herbolzheimer, Phil Wilson und James Morrison ? um nur einige zu nennen. Darunter viele Musiker, die für Benno Marxer längst zum Vorbild geworden sind. Der ein oder andere auch zum guten Freund. Mancher gelungene Zufall, manch freche Aktion, die Offenheit der Jazzmusiker im Allgemeinen und nicht zuletzt die für sich sprechende Qualität der Big Band Liechtenstein führten die Grössen ins Land. «Jede Tür öffnet eine andere. Dabei spielt das Netzwerk eine wichtige Rolle», weiss Marxer aus Erfahrung, verweist aber auch darauf, dass Jazzmusiker «ein anderes Volk sind».
Anders ist Benno Marxer auch. Ein Musiker, der sich nicht kategorisieren lassen will und zu schnell «ja» sagt. Ein überzeugter, aber stiller Kämpfer für seine Meinung über die Musik. Und ein Mensch, der sich noch immer auf dem Weg befindet ? seinem ganz persönlichen «musikalischen Jakobsweg».
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